2017
Astronom Johannes Stübler erhält den Polarsternpreis 2017
Der Gewinner des Polarsternpreises 2017 des Österreichischen Weltraum Forums ist Johannes Stübler. Sein wichtigstes Anliegen war und ist die Verbreitung astronomischen Grundlagenwissens. Während seiner langjährigen Tätigkeit im Vorstand der Linzer Astronomischen Gemeinschaft “Johannes Kepler“ wirkte er beispielsweise mit an der Errichtung der Kepler Sternwarte Linz, dem Bau einer astronomischen Beobachtungsstation außerhalb der Stadt, der Installation eines Planetenlehrpfades sowie einer Äquatorial Sonnenuhr im Parkareal der Sternwarte. Als “Fellow of the Royal Astronomical Society of London“ sowie als Ambassador und nationaler Koordinator der weltweiten Organisation “Astronomers Without Borders“ (AWB) richten sich Stüblers Aktivitäten heute vorwiegend auf internationale Zusammenarbeit. Sogar ein Kleinplanet trägt seinen Namen (276568 Joestübler).
ÖWF: Herr Stübler, schon seit 1979 sind Sie als Amateurastronom aktiv. Was fasziniert Sie besonders an der Astronomie?
Johannes Stübler: Es gibt aus meiner Sicht keine spannendere Wissenschaft bzw. kein vielseitigeres Hobby. Die Beschäftigungsmöglichkeiten sind unendlich. Diese reichen vom reinen Lesen und Verfolgen der faszinierenden Entdeckungen und Entwicklungen in Fachzeitschriften, Büchern und im Internet, über die faszinierende Möglichkeit selbst praktische Beobachtungen ja sogar wissenschaftliche Entdeckungen als Amateur machen zu können. Es gibt einfach Alles. Jede Naturwissenschaft ist vertreten. Von der Mathematik über die Physik, von der Chemie bis zur Biologie kommt alles zur Anwendung. Von der IT-Technologie über die Elektronik ist man mit den modernsten Entwicklungen permanent in Berührung. Ja, auch philosophische Fragen stellen sich in Anbetracht der Größe und Unendlichkeit des uns umgebenden Raums, dem Weltall. Gelegentlich lässt sich auch die eine oder andere persönliche Antwort in der Wunderwelt der Kosmologie finden.
Neben vielen anderen astronomischen Projekten arbeiten Sie seit vielen Jahren aktiv im Projekt TWAN „The World At Night“ mit. Warum liegt Ihnen dieses Projekt so am Herzen?
Weil dieses Projekt wie kein anderes den Bezug zwischen der Stellung des Menschen im Gefüge des Weltraums zum Inhalt hat. Farbenprächtige Aufnahmen von Galaxien und Sternhaufen faszinieren zwar die Menschen aber geben ihnen keinen unmittelbaren Bezug dazu. TWAN-Aufnahmen suchen immer den Kontext zwischen der Landschaft, wie wir sie kennen, und dem gestirnten Himmel, in dem wir eingebettet sind. Wir fühlen uns als Kinder der Sterne, so wie es die Menschen bereits vor Urzeiten gefühlt haben, als sie in der Nacht zum Himmel gesehen haben. Großartige Naturlandschaften und Weltkulturerbstätten vor der unendlichen Kulisse des Weltalls sind das Thema. In diesem Projekt verbindet sich Bekanntes mit dem gerade für den heutigen Menschen Unbekannten, dem nächtlichen Sternenhimmel der durch die zunehmende Lichtverschmutzung in den Industrienationen in den Hintergrund verdrängt worden ist. Mit diesen Aufnahmen kann man Menschen für die Schönheit des gestirnten Himmels begeistern und die Neugierde, mehr darüber zu erfahren, wecken und dadurch so für die Astronomie und den Weltraum interessieren. Sie vermitteln ein Gefühl, das wir alle in einem großen gemeinsamen Raumschiff namens Erde sitzen.
Derzeit bereiten Sie eine österreichische TWAN-Print-Wanderausstellung vor? Was erwartet die Besucher dort und wo wird es die Wanderausstellung überall zu sehen geben?
Da ist noch alles offen. Das Projekt ist zwar konkret, die Bilder und Texte (noch in Englisch) sind grundsätzlich vorhanden, aber solange ich keinen Sponsor dafür gefunden habe mache ich mich nicht an die Übersetzung. Geplant sind 40 Stück 2m hohe Rollups, die eigentlich überall eingesetzt werden könnten z. B. in öffentlichen Gebäuden aber auch Schulen.
Wie sähe denn eine solche Sponsorenschaft aus? Was sind die Eckdaten?
Ideal wäre ein Generalsponsor der die Produktions- und Druckkosten übernehmen würde. Dieser würde dann exklusiv auf jedem Rollup z. B. oben oder unten mit seinem Logo und dem Link zu seiner Webseite aufscheinen. Er hat als solcher natürlich das Recht, exklusiv Ort und Zeit für die Eröffnungsausstellung zu bestimmen. Die Eröffnung beinhaltet einen Eröffnungsvortrag durch einen offiziellen TWAN-Vertreter. Bei Übernahme der Reisekosten und entsprechender Vorlaufzeit könnte dies auch der Projektleiter von TWAN, Babak Tafreshi, sein.
Die Kosten belaufen sich auf ca. 7500 Euro bei einer Produktion in Ungarn. Dieser Preis inkludiert auch bereits die Abgaben an die Fotoautoren für die Bild-Nutzungsrechte im Zuge der Wanderausstellung, die jedoch ausschließlich informativen Zwecken zum Projekt TWAN dient und nicht zur kommerziellen Nutzung des Bildmaterials berechtigt. Eine vergleichbare Ausstellung ist bereits einmal in den arabischen Emiraten gelaufen. Um einen Eindruck zum Aufbau dieser Ausstellung zu gewinnen sind ein paar Bilder dieser Ausstellung auf folgender Webseite zu finden: https://www.sternwarte.at/LAG-AWB/wanderausstellung.html.
Sie beschreiben sich selbst als ein Mann der Praxis in astronomischen Belangen. Was hat der Praktiker Johannes Stübler schon alles gebaut?
Vom selbstgebauten Spiegelteleskop bis zur kompletten Sternwarte alles, sowie diverse Hilfs- und Zusatzgeräte zur visuellen und fotografischen Beobachtung des gestirnten Himmels.
Aktuell sind Sie in einigen internationalen astronomischen Vereinigungen tätig. Was bewegen Sie als Praktiker dort alles?
Natürlich findet auch dort ein reger Gedanken- und Erfahrungsaustausch statt, in den ich mich mit persönlichen Erfahrungen einbringe. Diese reichen vom Verfassen von praktischen Anleitungen und Baubeschreibungen die untereinander ausgetauscht werden, bis zu multimedialen Beiträgen. Vor allem interessieren mich die Möglichkeiten der neuen Technologien, die vom Lösen von IT-Problemen in Zusammenhang mit astronomischen Programmen bis zu Steuerung von Teleskopen auf der anderen Seite der Erde reichen. Auch die multimedialen, Möglichkeiten des digitalen Zeitalters die heute zur Wissensvermittlung eingesetzt werden können, kommen zur Anwendung. Berichterstattungen, Präsentationen, Videos für PCs, Tablets und Mobiltelefonen, länderüberschreitende Kommunikation und virtuelle Meetings via Skype, Hangouts und ähnliches gehören zum täglichen Brot.
Sie engagieren sich bei AWB (Astronomers Without Border). Erzählen Sie uns bitte von diesem Projekt.
Dieses Völker verbindende Projekt zählt für mich zu den Highlights. Globale Zusammenarbeit ist in der Wissenschaft ja grundsätzlich Gang und Gebe. Aber im Amateurbereich und non-professionellen Bereich gibt es noch ein unendliches Entwicklungspotential. So unterstützt AWB direkt oder aber auch über Crowdfunding-Plattformen z. B. Lehrer und Wissenschaftler in Schwellenländern bei Ihrer Arbeit astronomisches Grundwissen zu vermitteln. Bildung in jeder Form ist einfach der Schlüssel für die Zukunft der Menschheit. Der Slogan von AWB “One People, One Sky – Eine Menschheit, ein Himmel“ ist Auftrag. Wir sitzen in einem Boot bzw. in einem Raumschiff namens Erde. Die Zukunft der Menschheit und das Überleben der Menschheit liegt im Miteinander und in den Tiefen des Weltraums. Von dort sind wir her und dort müssen wir eines Tages wieder hin. Die endlichen Ressourcen und die physikalischen Umgebungsbedingungen in unserem Sonnensystem zwingen uns, natürlich in großen Zeiträumen gesehen, letztendlich sowieso dazu. “One People, One Sky“ – Astronomie ohne Grenzen -ist eine Idee, die ich seither zu leben versuche und auch in Form von grenzüberschreitenden Reisen und Kontakten zu Menschen, vor allem auch jungen Menschen vor Ort unter meinem persönlichen Motto “Living the idea“ – eben diese Idee zu leben – umsetze. Eine meiner diesbezüglich beeindruckendsten Reisen führte mich damals unter anderem nach Syrien zu einer astronomischen Veranstaltung in Damaskus, bei der ich nichtsahnend zur “Hauptattraktion“ des Veranstalters SAAA (Syrian Amateur Astronomers Association) geworden bin und spontan einen abendfüllenden Vortrag mit englisch/arabischer Simultanübersetzung vor einem bunt gemischten Publikum aus Syrern und Libanesen, Jung und Alt, zu bestreiten hatte.
Was war Ihr bisher schönstes, überraschendstes oder kuriosestes astronomisches Erlebnis?
Das kurioseste…
…wie ich zu einer “Starparty“ mit dem Moped abgeholt worden bin. Die ganze Gruppe von Amateurastronomen ist mit Mopeds gekommen, auch die Teleskope wurden mit den Mopeds transportiert. Wo kann das sein? Natürlich in Indochina – konkret in Vietnam inmitten von Ho-Chi-Min City. In einem Stadtpark am Rand der Stadt fand das Treffen statt. Auch das örtliche Fernsehen war dabei. Junge Mädels haben in Windeseile Decken ausgebreitet, ein Picknick aufgetischt und die Jungs ihre Teleskope aufgebaut. War in der Tat eine kuriose Kulisse zwischen den jungen Leuten in der Wiese zu sitzen, begleitet von Fernsehkameras und zwischendurch einen Blick durch die Teleskope am fast sternlosen Großstadthimmel zu machen… ;-)
Das schönste…
…eine gemeinsame TWAN-Beobachtungsnacht mit einer international zusammengewürfelten Konferenzteilnehmergruppe unter Palmen und dem südlichen Sternenhimmel Brasiliens :-)
Das überraschendste…
…ich bin zufällig in der Bergwelt im Norden Thailands auf den Tag zurecht gekommen zur offiziellen Eröffnungsfeier des nationalen Observatoriums NARIT (National Astronomical Research Institute of Thailand) durch die thailändische Prinzessin Sirikit. Die Sternwarte war mit bunten Seidentüchern geschmückt und das Areal war großflächig abgesperrt, aber ich konnte dort mit meinen Visitenkarten die Security Officer von meiner Bedeutung als Besucher in meiner Funktion als internationaler Botschafter von AWB überzeugen. So wurde ich überraschenderweise hineingelassen und in Folge mit Geschenken, die für VIP-Besucher vorbereitet waren, seitens der anwesenden Organisatoren überhäuft. Neben zahlreicher Literatur wurde mir auch ein Meteorit und Sonder-Briefmarken mit astronomischen Motiven überreicht.
Wundervolle Erlebnisse! Ganz herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben.
Das Interview führte Marlen Raab.
- Tagged:Polarsternpreis, Yuris Night
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