Das DEAR Projekt
Staubentfernung und Reinigung von optischen Oberflächen und Dichtungen auf dem Mond
Schutz von Mond-Raumfahrt-Ausrüstung vor Mondstaub
Die DEAR-Initiative (Dusty Environment Application Research) befasst sich mit den Auswirkungen von Regolith-Staub auf Geräte, die für die Erforschung des Mondes eingesetzt werden sollen. DEAR ist ein ESA-Projekt mit Fokus auf der systematischen Entwicklung und Erprobung von Strategien zur Entfernung von Mondstaub an Optiken, Mechanismen und astronautischen Komponenten (z.B. Raumanzügen). Von besonderem Interesse sind dabei Risikobewertung, Vermeidungs- und Reinigungstechniken, wie z.B. der Einsatz von elektrischen Feldern zur Entfernung von Mondstaub von Oberflächen. Standardisierte Versuchsaufbauten für Studien werden im Laufe der Jahre 2021 und 2022 realisiert. Repräsentativer Staub (z.B. Regolith-Simulant von interessanten Landestellen) wird in einem eigenen Testaufbau verwendet, um Risiken und Auswirkungen von Mondstaub zu evaluieren. Die neu errichteten Testeinrichtungen sollen als Anlaufstelle für Mondstaub-Vermeidungsstrategien und Reinigungstechnologien dienen und zukünftige europäische Beiträge zu Missionen zur Erforschung der Mondoberfläche ermöglichen. Fünf europäische Institute bündeln ihre Kräfte in diesem Projekt mit Microelectronica S.A.: das Fraunhofer IST, das Österreichische Weltraum Forum (OeWF), Gusland Consulting und das University College Dublin. Das deutsche Raumfahrttechnikunternehmen OHB System AG berät das Konsortium bei dieser Aktivität.
Das Interesse an der Erforschung des Mondes hat in den letzten Jahren weltweit wieder an Fahrt aufgenommen. Die ESA, die Privatindustrie und der akademische Sektor streben danach, den Erdtrabanten mit ambitionierten neuen Technologien zu erforschen. Die lebensfeindliche Umgebung des Mondes stellt jedoch eine ernsthafte Herausforderung dar, insbesondere der Mondstaub. Um dessen Auswirkungen auf optische Oberflächen und Mechanismen sowie Dichtungen zu minimieren und um die Betriebsrisiken bei zukünftigen Mondmissionen zu verringern, hat die Europäische Weltraumorganisation das Projekt DEAR in Auftrag gegeben, das von Microelectronica S.A. geleitet wird. Im November 2020 gestartet, sollen die Projektergebnisse 2022 in einer Abschlusspräsentation vorgestellt werden. Außerdem soll eine prototypische Demonstration einer Staubentfernungstechnologie für Explorationsmissionen auf der Mondoberfläche durchgeführt werden.
Risiken durch Mondstaub
Da Mondstaub stark abrasiv, elektrisch aufladbar und potenziell chemisch reaktiv ist, stellt er ein hohes Risiko für die Leistung von Hardware wie Kameras, thermische Steuerung und Solarzellen dar. Der Staub kann Fehlfunktionen an Dichtungen verursachen und die optischen, mechanischen und elektrischen sowie thermischen Eigenschaften von Oberflächen einschließlich Raumanzügen beeinflussen. Jedoch sind beispielsweise bei der Probenverarbeitung auf der Mondoberfläche oder in Luftschleusen zuverlässige Dichtungen zwingend erforderlich. Darüber hinaus ist Mondstaub wahrscheinlich toxisch und muss daher im Inneren von Mondhabitaten vermieden werden. Dies motiviert die Arbeit an anwendbaren und validierten Reinigungsmethoden.
Aus diesem Grund hat die ESA das DEAR-Konsortium beauftragt, den Einsatz z.B. von elektrischen Feldern zur Vermeidung und Entfernung von Staub auf optischen Oberflächen, Mechanismen und Dichtungen zu untersuchen. Parallel dazu sollen Testinfrastruktur und Testverfahren entwickelt werden. In einem zweiten Schritt werden sogenannte „Breadboards“ fürMond-Anwendungen entworfen, getestet und bewertet.
Das Ergebnis des Projekts zielt auf eine systematische Evaluierung dieser Risiken, Prozesse und Technologien im Zusammenhang mit den genannten Regolith-Problemen ab. Die Ergebnisse zum Schutz und zur Reinigung der Ausrüstung sollen in mondanalogen Testkampagnen auf der Erde evaluiert werden und die Mondoberflächenmissionen zur Unterstützung der Sicherheit der Besatzung und der langfristigen Explorationsziele vorbereiten.
Beteiligte Institutionen
Microelectronica S.A. leitet die DEAR-Initiative als Hauptauftragnehmer einschließlich der Produkt- und Qualitätssicherung sowie der Systementwicklung. Die Aufgaben erstrecken sich auf die Leitung und Kontrolle aller technischen, programmatischen und kommerziellen Aktivitäten im Projekt, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Anforderungen an Qualität, Design und Sicherheit erfüllt werden. Der firmeneigene Reinraum und die Messgeräte werden zur Verfügung gestellt. Microelectronica mit Sitz in Bukarest, Rumänien, hat Studenten der TU Bukarest eingeladen, als Teil ihres akademischen Lehrplans an dem Projekt teilzunehmen.
Das Team wird von der Qualitätsabteilung des deutschen Raumfahrtunternehmens OHB System AG beraten, die Erfahrung und Fachwissen zu relevanten Sauberkeitsaspekten beisteuert
Das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (Fraunhofer IST), Deutschland, wird Simulationen durchführen und die Elektrodenstrukturen auf optischen Oberflächen herstellen. Der repräsentative Regolith-Simulant der TU Braunschweig wird für experimentelle Untersuchungen verwendet.
Die Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien (Fraunhofer EMFT), Deutschland, wird lange (mehrere Meter), dünne und flexible Substrate mit mikrostrukturierten Elektrodendesigns entsprechend den Simulationsergebnissen des Fraunhofer IST liefern.
Der österreichische Forschungspartner, das Österreichische Weltraum Forum (OeWF), wird akustische und vibrierende Methoden zur Reinigung von Mondstaub untersuchen. Das Verhalten von Staub auf einer Oberfläche bei Vibrations- und Akustikeinwirkung soll im Hinblick auf Umverteilungs- bzw. Abtragsverhalten untersucht werden. Darüber hinaus werden Textilproben von Raumanzügen wie die von der OeWF gebauten Raumanzugssimulatoren Aouda.X und Aouda.S für Tests verwendet.
Gusland Consulting, Norwegen, wird die verfügbaren Technologien, insbesondere im Bereich der Sensoren, kritisch analysieren und überprüfen und ist darüber hinaus federführend bei den Aktivitäten für das Electrical Ground Support Equipment (EGSE). Das Unternehmen hat Zugang zu Umweltprüfeinrichtungen wie Wärme- und Vakuumkammern und Vibrationsschüttlern.
Das University College Dublin, Irland, stellt einen Roboterarm und studentische Arbeitskräfte zur Verfügung, um die Auswirkungen von Staub auf die Funktionalität und die Abdichtung zu testen und zu analysieren. Darüber hinaus werden Teile eines Raumanzug-Simulators (zur Verfügung gestellt vom Österreichischen Weltraum Forum) im Simulationsbetrieb eingesetzt.
Die deutschen Firmen Clear & Clean sowie OHB Systems stellen ihre Testergebnisse zur Staubentfernung durch Tissue Wiping und Strahlreinigung mit überkritischen CO2-Düsen zur Verfügung. Parallel zu potenziellen Mond-City-Anwendungen wird dieses Know-How auch für den sicheren Betrieb von Regolith-Proben in der Mission MAIT und Verifikationsprozessen weit vor der Entsendung zum Mond als nützlich angesehen.
Das DEAR-Projekt dient als Schwerpunkt der Aktivitäten in Zusammenhang mit den Auswirkungen von Mondstaub auf mögliche zukünftige Mondoberflächenmissionen und steht daher in Kontakt mit ähnlichen Aktivitäten in Europa und seinen strategischen Partnern.
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