ESA Vertical Treadmill Facility

Österreichs erste, astronautische ESA Ground Based Facility

ESA Logo

Das Vertikal-Laufband (Vertikal Treadmill Facility, VTF) ist eine Ground Based Facility der Europäischen Weltraumagentur ESA, betrieben vom Österreichischen Weltraum Forum in Innsbruck, Österreich.

Eine Testperson wird durch ein Flaschenzugsystem horizontal aufgehängt und durch einen Gurt mit variablem Kontaktdruck auf ein vertikales Laufband heruntergedrückt, um unterschiedliche Schwerkraftniveaus zu simulieren. Diese Technologie hilft zu verstehen, wie sich Menschen an Orten wie dem Mond oder dem Mars fortbewegen würden.

Die Einrichtung steht sowohl für die Erforschung hypogravitativer Bewegungsmuster auf anderen Planetenoberflächen als auch für Bildungs- und Schulungszwecke offen.

Das Vertikal-Laufband – wie funktioniert es?

Eines der größten Probleme bei langandauernden Raumflügen ist die physische Dekonditionierung des Körpers, die sich meist als Verlust von Knochen- und Muskelmasse äußert. Andere physiologische Veränderungen und Veränderungen der Bewegungsmuster, wie z. B. des Gangs, hängen mit der Schwerkraft z. B. auf dem Mond, dem Mars oder Asteroiden zusammen.

Deshalb reproduziert das „Subject Loading System“ die Trainings- und Bewegungsbedingungen bei Schwerelosigkeit und Teilgravitation, wie sie an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) oder auf Planeten herrschen können, um die menschliche Physiologie zu untersuchen und die Trainingsprogramme anzupassen. Die Vertical Treadmill Facility (VTF) der ESA ist eine Einrichtung mit einer vertikal aufgestellten Fortbewegungsfläche (Laufband). Bei Verwendung auf der Erdoberfläche, also im Gravitationsfeld der Erde, muss die Versuchsperson während einer Geh- oder Laufübung an einer VTF aufgehängt werden. Die Schwebekraft gleicht die Schwerkraft der Körpersegmente aus, die parallel zur Fortbewegungsfläche und nicht senkrecht dazu wirkt wie bei der Fortbewegung auf einer horizontalen Fläche. Ein „Subject Loading System“ kann ebenfalls integriert werden, um die auf den Körper wirkende Schwerkraft teilweise oder ganz zu ersetzen. Die simulierte Schwerkraft wirkt somit senkrecht auf die Fortbewegungsfläche.

Diese wesentlichen Funktionen eines jeden Vertikal-Laufbands werden durch drei Hauptkomponenten bereitgestellt:

  • Ein Laufband: bietet eine Fortbewegungsfläche, die vertikal in einem Chassis montiert ist.
  • Ein Aufhängungssystem: bietet über das Aufhängungsgeschirr eine Federungskraft, um die Wirkung der Erdanziehungskraft zu unterdrücken, und ist an einem bodengestützten Chassis montiert.
  • Ein Subject Loading System: bietet eine Zugkraft, die die Schwerkraft des Körpers zur Fortbewegungsfläche simuliert.

FACTBOX Vertical Treadmill

  • Laufband-Geschwindigkeit: 0-20 km/h
  • Maximales Gewicht der Testperson: 110 kg
  • Schwerkraft-Bandbreite: 0-1 g
  • Zugelassen für Parabelflüge
  • VTF Gesamt-Masse: 703 kg (davon entfallen 450 kg auf das Laufband-Gerüst)
Vicon Motion Capturing System

Motion Capturing (Optional)

Frühere Studien mit dem Vertikal-Laufband konzentrierten sich stark auf physiologische Prozesse, die durch Fortbewegung in reduzierter künstlicher Schwerkraft beeinflusst werden. Darüber hinaus ermöglichen empfindliche Bewegungsanalysemethoden genauere Einblicke in die motorischen Kontrollmechanismen, die mit hochautomatisierten Bewegungsmustern unter normalem Gravitationseinfluss wie Gehen und Laufen verbunden sind.

Je nach gewünschter Konfiguration können in der Einrichtung verschiedene Bewegungserfassungssysteme wie Vicon, Theia und Xsens integriert werden, um die Bewegungen der Versuchspersonen während der Experimente genau zu verfolgen. Darüber hinaus stehen neurophysiologische Messinstrumente zur Verfügung, um die motorischen Kontrollmechanismen von Menschen zu untersuchen, die sich in veränderten Gravitationsumgebungen bewegen.

Donning 17A Test campaign (c) OeWF (Florian Voggeneder)

Aouda Raumanzugsimulator (Optional)

Um die physiologische Belastung der Arbeit im Weltraum bei Testpersonen nachzubilden, bietet das Österreichische Weltraum Forum die Nutzung seiner Aouda-Raumanzugsimulatoren an. Diese Systeme haben ein Gewicht von 50 kg und reproduzieren über ein Exoskelett die Einschränkungen und Behinderungen eines unter Druck stehenden Raumanzugs mit einem Innendruck zwischen 0,4 und 0,8 bar.

Die Anzüge sind ein komplexes System, dessen Einsatz ein umfangreiches Training erfordert, daher können die Testpersonen nur zertifizierte Analog-Astronaut*innen des Österreichischen Weltraum Forums sein (derzeit 11 männliche und 2 weibliche Personen). Der Betrieb der Raumanzugsimulatoren erfordert außerdem die Unterstützung von Anzugtechniker*innen und eine vorherige Sicherheitsbewertung für den Einsatz beim VTF.

Das Vertikal-Laufband steht für Forschungsprojekte zur Verfügung

Die administrative und logistische Koordination übernimmt das Österreichische Weltraum Forum, das interessierten Forschenden ein Inventar an physiologischen und biomechanischen Messsystemen zur Verfügung stellt. Die Durchführung und Leitung der Experimente erfolgt durch die jeweiligen Forschungsteams. Techniker*innen, die in der Bedienung des vertikalen Laufbands ausgebildet sind, bedienen das Vertikal-Laufband und unterstützen die Durchführung der Experimente.

Um dem Experimentaufbau zusätzliche physiologische Belastungsmustern hinzuzufügen, kann die Verwendung des Vertikal-Laufbands mit der Verwendung des Aouda-Raumanzugsimulators kombiniert werden. Dies ist erforderlich, um den Bedingungen auf dem Mond und dem Mars möglichst nahe zu kommen. In diesem Fall steht dem Forschungsteam auch die Echtzeit-Telemetrie vom Sensornetzwerk des Anzugs zur Verfügung.

Forschungsprojekte müssen von den jeweiligen Antragstellenden finanziert werden, wobei die Betriebskosten des VTF und der erforderlichen Laborinfrastruktur zu berücksichtigen sind. Das ESA Continuously Open Research Announcements (CORA)-Programm bietet Finanzierung für Forschende aus ESA-Mitgliedsstaaten.

ESA CORA Programm:

Typischer Ablauf zur Nutzung des Vertikal-Laufbands VTF:

  • 1. Ein erstes Gespräch (z. B. Telefonkonferenz) über das Forschungsthema, die Methodik, einschließlich Logistik, technische und administrative Fragen zwischen den Gastforschenden und dem Österreichischen Weltraum Forum.
  • 2. Gastforschende erstellen einen Antrag für das ESA CORA-Programm (falls eine ESA-Finanzierung gewünscht wird). Sobald eine positive Entscheidung getroffen wurde,
    • a) konsolidieren die Forschenden die Experimentabläufe in einer zweiten Iteration mit dem Österreichischen Weltraum Forum (z. B. Telefonkonferenz oder Standortbesuch)
    • b) erhalten die Forschenden detaillierte Informationen über die Nutzung des Laufbands und zusätzliche Informationen auf Anfrage
    • c) stimmen sich die Forschenden mit dem Österreichischen Weltraum Forum hinsichtlich des Zeitplans ab. Die übliche Zeitspanne zwischen der CORA-Genehmigung und dem VTF-Experiment beträgt 1 bis 4 Monate.
  • 3. Die Gastforschenden führen die Experimente durch, während die Nutzung des VTF (und des Raumanzugsimulators oder VTF-bezogener Diagnosegeräte wie Motion Capture) vom Österreichischen Weltraum Forum betrieben wird.

Beispiele für VTF Publikationen

Headerbild: ÖWF/vog.photo

Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch

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