PExTex Projekt

PLANETARY EXPLORATION TEXTILES

Über 50 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung, bereitet sich die Menschheit auf die Rückkehr vor. Die bei diesen Missionen genutzten Materialien werden den Bedingungen am Mond für wesentlich längere Zeit standhalten müssen. Zukünftige Außenbordeinsätze („Extravehicular Activities“ (EVAs)) benötigen verbesserte Raumanzugskonzepte, im Vergleich zu früheren Systemen der Apollo-Ära. PExTex („Planetary Exploration Textiles“ – Textilien zur Erforschung planetarer Oberflächen) ist ein ESA-gefördertes Projekt, durchgeführt durch das Konsortium von DITF (Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung) und ÖWF unter der Leitung von COMEX SA. Die Ziele von PExTex sind:

  • … die Identifikation (neuartiger) Materialien für zukünftige Raumanzugsentwicklungen in Europa.
  • … eine Teststrategie vorzuschlagen, welche überprüft, dass solche Materialien die Bedingungen zukünftiger Missionen zur Mondoberfläche erfüllen.

Das Projekt zielt darauf ab, Textilien zu finden und zu testen, welche die Anforderungen, die durch die Mondumgebung gestellt werden, erfüllen. Einige dieser Anforderungen sind

Das Österreichische Weltraum Forum führte Computersimulationen und Tests durch, welche die Aspekte von ionisierender Strahlung und mikrobiellem Wachstum untersuchen.

Strahlungssimulation und -tests

MedAustron Synchrotron – Herzstück der Beschleunigeranlage (c) MedAustron, Kästenbauer/Ettl
MedAustron Synchrotron – Herzstück der Beschleunigeranlage (c) MedAustron, Kästenbauer/Ettl

Ionisierende Strahlung ist ein bedeutender Faktor, welcher bei Mondmissionen berücksichtigt werden muss. Da der Mond nicht wie die Erde von einem Magnetfeld geschützt wird, wird er ständig von hochenergetischen, geladenen Teilchen bombardiert. Dieser Strahlung kann zu Materialermüdung und ernsten Gesundheitsschäden führen. Die wichtigsten Strahlungsquellen sind die galaktische kosmische Strahlung („Galactic Cosmic Rays“ (GCR)) und energetische Teilchen, welche von der Sonne während Sonneneruptionen ausgestoßen werden („solar particle event“ (SPE)). Das ÖWF hat in numerischen Simulationen modelliert, wie diese Strahlung mit den Raumanzugstextilien wechselwirken, und zu welcher Strahlungsdosis für den Astronauten, welcher diesen Anzug trägt, sie führen würde. Die Simulationen wurden durch zwei Praxistests am MedAustron Zentrum für Ionentherapie und Forschung in Wiener Neustadt validiert. Diese Einrichtung verfügt über vier Bestrahlungsräume, wobei drei für die Behandlung von Patienten gedacht sind und einer für die nicht-klinische Forschung. Die Testkampagne am MedAustron bestand aus zwei grundlegenden Subtests

Strahlungstest – Materialermüdung

In diesem Test wurde das Textil mit einer hohen Dosis, ungefähr 50 Gy, bestrahlt. Das Ziel des Tests war es, zu bestimmen inwieweit die Textilien durch Strahlung beschädigt werden. Der Test wurde mit mehreren Proben jedes untersuchten Materials durchgeführt. Nach der Bestrahlung wurde die Zugfestigkeit der Materialien am DITF bestimmt. Hierfür wird das Textil gedehnt bis es reißt und die maximal benötigte Kraft gemessen. Dieser Wert wurde mit der Zugfestigkeit nicht-bestrahlter Stoffproben verglichen.

Strahlungstest – Schirmung

Um die Gefahren durch Strahlung im Weltall zu minimieren, wäre es wünschenswert, dass ein Raumanzug solche Strahlung abschirmt. Während Kopf und Rumpf des Astronauten durch die festen Teile des Anzugs (Helm, Lebenserhaltungsrucksack, feste Oberkörperteile) geschützt sind, sind Arme und Beine nur durch Textilien bedeckt. Aus diesem Grund untersuchte das Projekt die getesteten Stoffe auf deren Eignung zur Abschirmung eines Protonenstrahls. Dafür wurde der Dosimeterwert durch den Strahl ohne Textil verglichen mit den Ergebnissen, die mit verschiedenen Materialien vor dem Detektor erreicht wurden.

Probenhalter für Test der Materialermüdung durch Strahlung (c) ÖWF/Sejkora
Probenhalter für Test der Materialermüdung durch Strahlung (c) ÖWF/ Sejkora
Textilprobe vor dem „Peak Finder“ Gerät am MedAustron (c)  MedAustron, Klampfer
Textilprobe vor dem „Peak Finder“ Gerät am MedAustron (c) MedAustron, Klampfer

Mikrobielle Bewuchstests

Bei zukünftigen Mondmissionen werden die Raumanzüge für lange Zeit genutzt werden. Bei der Verwendung werden sie unweigerlich mit Mikroorganismen in Kontakt kommen, beispielsweise jenen, welche auf der menschlichen Haut leben. Unkontrolliertes mikrobielles Wachstum in oder auf dem Anzug kann zur Materialschädigung, schlechten Gerüchen oder sogar gesundheitlichen Gefahren für die Astronauten führen. Aus diesem Grund hat das Österreichische Weltraum Forum, gemeinsam mit dem Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck, getestet, wie gut Mikroben (Bakterien, Pilze, etc.) auf den Textilien haften und wachsen. Die Tests beinhalteten auch Untersuchungen, inwiefern sich die Mikroben durch die einzelnen Stofflagen des Anzugs hindurch ausbreiten. Dies kann auch wichtig sein aus Gründen der „Planetary Protection“ („Planetarer Schutz“) – Ausbreitung von innen nach außen kann z.B. zur Kontamination von Bodenproben führen, Ausbreitung von außen nach innen könnte bedeuten, dass hypothetische extra-terrestrische Lebensformen ins Innere des Anzugs gelangen können.

Mikrobieller Bewuchs auf Textilien bei Pilottests (c) ÖWF/Garnitschnig
Mikrobieller Bewuchs auf Textilien bei Pilottests (c) ÖWF/Garnitschnig

Weiterführende Informationen:

PEER MOHAMED, Mohamed Makthoum, Małgorzata HOŁYŃSKA, Peter WEISS, Thibaud GOBERT, Yann CHOUARD, Nisheet SINGH, Theo CHALAL, Nina SEJKORA, Gernot GRÖMER, Sibylle SCHMIED, Matthias SCHWEINS, Thomas STEGMAIER, Götz T. GRESSER und Shumit DAS, 2020. Planetary Exploration Textiles (PExTex) – Materials Selection Procedure for Surface EVA Suit Development. In: 71st International Astronautical Congress (IAC) [online]. The CyberSpace Edition: International Astronautical Federation (IAF). 12 Oktober 2020. IAC-20-A1.VP.57714.

WEISS, Peter, Makthoum PEER MOHAMED, Thibaud GOBERT, Yann CHOUARD, Nisheet SINGH, Theo CHALAL, Sibylle SCHMIED, Matthias SCHWEINS, Thomas STEGMAIER, Götz T. GRESSER, Gernot GROEMER, Nina SEJKORA, Shumit DAS, Riccardo RAMPINI und Małgorzata HOŁYŃSKA, 2020. Advanced Materials for Future Lunar Extravehicular Activity Space Suit. Advanced Materials Technologies. 26 Juni 2020. S. 2000028. DOI 10.1002/admt.202000028

Über COMEX:
Die Compagnie Maritime d’Expertises (COMEX) wurde 1961 von Henri Germain Delauze (1929-2012) gegründet. Sie leistet weltweite Pionierarbeit beim Hochseetauchen und Einsätzen von Menschen in extremen Umgebungen. COMEX ist Teil zahlreicher ESA-Projekte, die Technologien für die Rückkehr des Menschen zum Mond entwickeln. comex.fr

Über DITF:
Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung sind das größte Textilforschungszentrum in Europa. Die drei Forschungsbereiche Textilchemie und Chemiefasern, Textil- und Verfahrenstechnik sowie Management Research decken die gesamte Wertschöpfungskette von Textilien vom Molekül bis zum fertigen Produkt ab. Die DITF verfügen über eine große Bandbreite von Testlaboratorien, um Fasern, Garne, Oberflächen und Textilien zu testen. www.ditf.de

Über MedAustron:
MedAustron ist ein österreichweit einzigartiges Krebsbehandlungs- und Forschungszentrum in Wiener Neustadt. Bei MedAustron wird eine innovative Form der Strahlentherapie, die Ionentherapie, verwendet. Dabei wird mit geladenen Teilchen – Protonen oder Kohlenstoffionen – bestrahlt. Die Ionentherapie ist optimal zur Behandlung von Tumoren in der Nähe von strahlungsempfindlichen Organen. Nebenwirkungen können hierbei stark reduziert werden. Neben der Behandlung von PatientInnen in klinischen Studien bietet die Beschleunigeranlage von MedAustron auch die Möglichkeit, Forschung in nicht-klinischen Bereichen zu betreiben, wofür ein eigener Bestrahlungsraum zur Verfügung steht. www.medaustron.at

Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch

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