2011
Im Rahmen des Space Studies Program 2011 der International Space University (ISU) am Samstag den 13. August fand der siebte Start von Passepartout, zum ersten Mal in der Konfiguration „Sherpa“, statt. Am Vortag gab es noch Besprechungen und die Wettervorhersage vom Bundesheer wurde eingeholt. Vorhergesagt wurde die Wolkenschicht von 4 bis 8km Höhe und Regen am Nachmittag. Auf Basis dieser Daten wurden Vorhersagen gemacht, wohin der Ballon fliegen wird und dann landen könnte. Diese Vorhersage beruhte wiederum darauf, dass der Ballon in 37km zerplatzt und die Luftbewegungen konstant bleiben und exakt gemessen wurden.
Gegen 7 Uhr fanden sich die Mitglieder des ÖWF am Observatorium Lustbühel ein, von wo der Ballon startete. Es war schon fast alles vorbereitet durch das Team um Passepartout, das schon Tage zuvor angereist war und alles aufgebaut hatte. Es wurden noch die Beachflags und der Befüllplatz aufgebaut und schon wurde der Ballon mit Helium befüllt. Die Befüllmannschaft war fasziniert von der kurzen Dauer des Befüllens, ja, sie hatte sogar Angst überfüllt zu haben, was natürlich den höchsten Punkt des Fluges verringern würde.
Der Ballon war befüllt und wurde zur Sicherheit angebunden und zusätzlich gehalten. Sicher ist sicher, denn auf die Schnelle hätte einfach so in Graz kein Ballon aufgetrieben werden können. Als Nächstes wurden die Telemetrie-/ und die Nutzlastkapsel angebunden. Letztere wurde von Studenten der ISU im entworfen. Die Studenten integrierten 4 verschiedene Experimente: HD Kamera, Algen, Temperatursensor und einen VLC (Very Low Frequency) Receiver.
Nachdem an diesem Wochende auch das ISU Alumni Wochende in Graz stattfand, befanden sich nehmen den ÖWF’er, den ISU Studenten auch ca. 30 ISU Alumnis am Lustbühel. Das Dach des Observatoriums wurde zunehmend enger (insgesamt waren rund 100 Personen anwesend).
Eine letzte Fotosession vom Ballon und der Kapsel wurde gemacht und dann wurde Sherpa endlich losgelassen. Der Start wurde mit einem ferngesteuerten Helikopter auf dem eine Videokamera befestigt wurde, gefilmt. Aus Sorge, dem Ballon zu nahe zu kommen entfernte sich der Helikopter wieder nach kurzer Zeit. Nach dem Start bekam ich vom Mission Control Center – MCC – einen Tablet-PC in die Hände, der die APRS-Pakete im Internet zwar ein wenig zeitverschoben abrief aber ich konnte auch die Grafiken der Sensoren abrufen.
Inzwischen war das Recovery Team bereits auf der Autobahn unterwegs und das Dach des Observatoriums am Lustbühel leert sich.
Der Ballon stieg in etwa gleichmäßig in den Himmel auf, befand sich bereits über ungarischem Staatsgebiet, und erste Aussagen zu den wissenschaftlichen Daten konnten gemacht werden. Gegen 12 Uhr saß ich am Computer, der das Trackingprogramm laufen hatte, das alle möglichen Grafiken und Tabellen zeigte. Der Ballon war kurz davor die 33km-Linie zu durchbrechen, als das Programm meldete, dass der Ballon am Fallen war. Die Recoveryteams wurden alarmiert, die Flugbahn von Sherpa wurde beobachtet und es wurde hektisch im MCC. Würde der Ballon auf einem Feld landen? Oder verkehrt? Hat sich der Fallschirm korrekt entfaltet? Letzteres schien nicht geklappt zu haben, denn der Ballon fiel die 33150 Meter innerhalb von 22 Minuten, was relativ schnell ist.
Als der Ballon dann gelandet war, warteten wir noch 10 Minuten, sodass Globalstar-Tracking den Ballon finden konnte. Der Vorteil in diesem System ist, dass es den Ballon auch noch am Boden finden kann, der Nachteil, dass es in großen Höhen nicht sinnvoll einsetzbar ist. Globalstar fand die Kapsel südlich von Fehring in Österreich. Die ersten Daten sprachen für eine Landung in einem Maisfeld, die restlichen Daten sprachen dann für eine Landung in einem der Bäume neben dem Feld. Kurze Zeit nachdem wir die Daten an die Recoveryteams gegeben hatten bekamen wir auch die ersten Benachrichtungen, dass sie die Kapsel gefunden hatten – in ca. 15 Meter Höhe in einer Baumkrone.
Mitglieder des ÖWFs versuchten den Baum zu besteigen – ohne Erfolg. Wir im MCC wurden gebeten die Nummer der freiwilligen Feuerwehr Fehring herauszusuchen, die wir auch schnell fanden. Wir schilderten der Feuerwehr unsere Situation und wir hatten echtes Glück, ein Mitglied der Freiweilligen Feuerwehr war gerade in der Gegend unterwegs und zusätzlich auch ein ausgebildeter Baumkletterer. Nach ca. einer Stunde erhielten wir im MCC die Nachricht, dass die Kapsel geborgen wurde. Somit begann auch schon wieder das Zusammenräumen der Antennen, Computer, Plakate, Heliumflaschen,…
Alles in allem ein erlebnisreicher und vor allem ein erfolgreicher Tag schließlich erreichte Passepartout Sherpa eine maximale Höhe von 33.150 m. Es gab noch eine letzte Besprechung über Verbesserungen und die zukünftigen Ausblicke Passepartouts. Jetzt steht noch die wissenschaftliche Auswertung bevor.
Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch
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