2013
ÖWF on Mars – Frank G. Gerigk – Day 3
Liebe Leserinnen und Leser!
Christoph Gautsch, Daniel Schildhammer und Luca Foresta, unsere drei Astronauten, sind eingarbeitet und bereiten sich nun auf spannende Experimente am Mars vor. Wir harren der ersten Erkenntnisse.
Bis es soweit ist, dürfen wir uns den empfehlenswerten Beitrag der „Perry Rhodan“ und „SOL“- Choryphäe Frank G. Gerigk zu Gemüte führen.
Ich wünsche viel Vergnügen!
Vor dem Mars
Kleines Essay zur Marokko Mars Mission 2013 des ÖWF
von Frank G. Gerigk
Wer sich heute in ein Auto setzt, eine U-Bahn oder ein Flugzeug, vertraut darauf, dass alles so funktioniert wie gewohnt. Wie man es erwartet, wie man es schon vielmal erlebt hat. Jede Änderung oder Überraschung wäre negativ.
Dabei besteht so ein Gefährt aus einer Unzahl von Einzelteilen, die immer und überall funktionieren sollen – elektronisch, mechanisch, optisch, akustisch – und deren einzelne Kreise einander benötigen wie Zahnräder in einem Uhrwerk. Fällt das schwächste Teil aus, sei es dass es nur unzureichend befestigt ist, bleibt womöglich das ganze verfluchte Ding einfach stehen oder liegen oder fällt vom Himmel. Das kann einem schon mal den Tag vermiesen!
Die meisten dieser Einzelteile wurden nicht neu erfunden, sondern sind Varianten bereits bestehender und bewährter Komponenten. Kommen dennoch viele neue Varianten sowie einiges Neues hinzu, dann gibt es in jeder Branche gewisse Vorkommnisse, die man gerne als „Kinderkrankheiten“ belächelt, die aber nichts anderes als bislang unerkannte Fehler sind. Bei einem bekannten Pkw reichte das Ausweichen vor einem Papp-Elch, um es für Monate zum Gespött zu machen; bei einem Neigezug, der dazu gebaut wurde, den Fahrgästen schnell gefahrene Kurven erträglich zu machen, brachte die unausgereifte Technik die Fahrgäste dagegen zum Erbrechen; bei einem aktuellen Passagierflugzeug offenbaren sich kleine Fehler mit so großen Wirkungen, dass davon ganze Flotten still gelegt werden. Kleine Fehler, die so unbedeutend waren, dass man einfach nicht an sie gedacht hatte während Planung, Bau und Erprobung.
Wie gut, dass man die meisten Probleme recht schnell lösen kann, indem man das Fahrzeug einfach ein paar Kilometer weiter in die nächste Werkstatt bringt.
Es gibt jedoch eine Branche, die diese Lässlichkeiten des Alltags nicht verzeiht: Das ist die Weltraumfahrt. Zwischen Apollo 13 – an deren Programm etwa 400.000 Menschen arbeiteten – und der Werkstatt lagen dann auch 500.000 km, als da ein Problem erkannt wurde, weil man nämlich noch um den Mond herum musste. Probleme im Weltraum oder mit Raketen haben die unangenehme Nebenerscheinung, in der Regel tödlich zu enden. Erfinder- und Improvisationsgeist halfen in diesem Fall, einen eigentlich fatalen Unfall zu überstehen – und zwar so lange, bis man nach ein paar Tagen wieder zuhause war.
Zahlreiche andere Unfälle haben bislang weltweit über 250 Todesopfer gefordert. Im Gedächtnis bleiben uns hauptsächlich jene spektakulären Unglücke, bei denen die Öffentlichkeit dabei war: Die Explosion der Challenger und das Zerbrechen der Columbia. Bei der Challenger lag die Unglücksursache in einer durch die Kälte spröde gewordenen Dichtung – ein Werkstück für wenige Dollar.
Um wieviel komplizierter sind dann jene Ausrüstungsgegenstände, die den Menschen direkt betreffen! Erst recht, wenn man nicht Tage, sondern Jahre unterwegs sein wird. Die immense Größe der Verantwortung hierfür ist kaum abzuschätzen.
Genau das machen die Leute der Marokko Mars Mission: sie gehen quasi die ersten Schritte in jenen Schuhen, die anderen den Ruhm bringen werden. Sie wissen das, akzeptieren das, und sind froh, als erdgebundene Astronauten eben an jenem Elchtest zu arbeiten, um Probleme zu definieren, deren Lösung jenen, die nach ihnen kommen, das Leben auf dem Mars und das Erforschen desselben erleichtern oder gar das Leben retten könnte.
Und ich beneide sie. Auch ich habe Geo- und Biowissenschaften studiert, Planetologie und Ingenieurswesen und Hunderte von Bücher zu jenen Themen gelesen, die sie nun in der Praxis tun werden. Doch sie werden es sein, die professionell die Forschungsarbeiten auf einem fremden Planeten simulieren werden. Ich dagegen werde mich darauf beschränken müssen, ihre Arbeiten in den Medien zu verfolgen.
Ich weiß mich in bester Gesellschaft. Wir alle hoffen darauf, dass zu unseren Lebzeiten ein Sternenschiff die Erde verlässt, um Menschen zu unserem Nachbarplaneten zu bringen. Und wieder heil zurück. Ob sie dann die Beweise von flüssigem Wasser, gar die gänzlich unwahrscheinlichen Artefakte marsianischer Zivilisationen finden, oder einfach „nur“ die Schönheit einer anderen Welt, ist eigentlich unerheblich. Sie werden das Beste mit sich tragen, das die Menschheit aufbieten kann: Wissensdurst, Freude an ihrer Arbeit – und Fantasie.
Und ihre Ausrüstung wird von langer Hand erprobt sein.
23. Januar 2013
Frank G. Gerigk, geb. 1963, Ingenieurgeologe, Journalist, Technischer Redakteur, leitet das Internationale PR-Management einer mittelständischen Firmengruppe. Einer seiner Träume ist, wissenschaftlich auf fremden Planeten zu forschen und darüber zu schreiben.
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- Tagged:Science Fiction
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