2013

Liebe Leserinnen und Leser!
Tag 2 steht vor der verschneiten Haustür. Unsere Astronauten sehen einem arbeitsreichen Faschings-Dienstag entgegen, für den wir ihnen wünschen, dass sie „Leben auf dem Mars und einen neuen Papst“ finden. ;-) Spaß muss sein. Alles Gute, Leute!
Heute kommen die Grußworte vom mehrfachen Kurd-Laßwitz-Preisträger und „Deutscher Phantastikpreis“-Träger Frank W. Haubold, der ohne Zweifel in einem Atemzug mit Herbert W. Franke und Andreas Eschbach genannt werden darf.
Mars-Mission 2013
Trotz aller Fortschritte der modernen Wissenschaft umgibt den Planeten Mars nach wie vor eine Aura des Geheimnisvollen. Wohl nirgendwo sonst sind Fakten, Legenden, Sehnsüchte und Träume so dicht ineinander verwoben wie in den Vorstellungen der Menschen über den roten Planeten.
Ob es die von der Erde aus sichtbaren „Mars-Kanäle“ waren oder eine angeblich drohende Invasion kriegerischer Marsianer, die 1938 anlässlich der Ausstrahlung des Hörspiels „War of the Worlds“ sogar eine Massenpanik auslöste, stets beflügelte unser Nachbar im All die Phantasien und animierte Generationen von Schriftstellern und Künstlern zu ihren Werken.
Meine ganz persönliche Beziehung zum Mars begann irgendwann in den 60er Jahren nicht etwa in einer Sternwarte oder einem Planetarium, sondern in der Bibliothek meiner Heimatstadt. Dort stieß ich auf ein Buch eines amerikanischen Schriftstellers, dessen Name mir damals natürlich noch nichts sagte, das den verheißungsvollen Titel „Die Mars-Chroniken“ trug und mich von der ersten Zeile an faszinierte. Ich weiß nicht, wie oft ich es damals ausgeliehen habe, aber es dürfte wohl ein halbes Dutzend Mal gewesen sein, und jedes Mal musste ich gegen die Versuchung ankämpfen, es in meinen Besitz zu bringen, indem ich es als verloren meldete. Dazu muss man wissen, dass Bücher dieser Art in der ehemaligen DDR eine Rarität waren, die nur unter dem Ladentisch gehandelt wurde und in der Provinz vermutlich gar nicht. Aber auch ohne Besitzstatus beschäftigte Ray Bradburys Meisterwerk fortan meine Phantasie, und wenn ich abends die Augen schloss, konnte ich sie sehen, die sanft dahingleitenden fragilen Sandschiffe der Marsianer und die gläsernen Städte in ihrer vergänglichen Pracht. Natürlich wusste ich auch damals schon, dass der reale Mars völlig anders aussieht, aber das änderte nichts an meiner Begeisterung für das Buch, den Schriftsteller und den roten Planeten, die mich bis heute gefangen hält.
Nun also schicken sich Raumfahrt-Enthusiasten aus dem kleinen Österreich an, ihr Scherflein dazu beizutragen, dass ein Menschheitstraum in Erfüllung geht. Die Simulation in der marokkanischen Wüste kann natürlich nur ein winziger Schritt auf dem langen Weg zu einer bemannten Mars-Mission sein, aber es ist einer, und allein das verdient Respekt und Anerkennung.
Zeit und Geld in ein Vorhaben zu investieren, dass keine oder nur extrem langfristig Rendite erwarten lässt, ist selten geworden in einer Zeit, die fast alles dem dominierenden Shareholder-Value unterordnet, und so wird die Mission wohl auch Kritiker und Spötter auf den Plan rufen, die das Ganze für reine Verschwendung halten. Diese Stimmen hat es zu allen Zeiten gegeben, und hätten jene, deren Name heute in den Geschichtsbüchern steht, auf sie gehört, dann hätte nie ein Segelschiff die Weltmeere erkundet, nie ein Raumschiff die Erde umkreist und erst recht kein Mensch je seinen Fuß auf den Mond gesetzt. Auch das Dauerargument „Wohlmeinender“, man sollte das Geld doch besser dafür einsetzen, das Elend auf der Erde zu lindern anstatt Hirngespinsten nachzujagen, lässt sich angesichts von staatlichen Multimilliardengeschenken für „notleidende“ Banken und Rekord-Rüstungs-Etats schnell ad absurdum führen.
Es ist nur zu einfach, der eigenen Bequemlichkeit nachzugeben und das Forschen jenen zu überlassen, die dafür bezahlt werden. So wie wir auch „unseren“ Politikern gern das Feld überlassen, weil sie angeblich etwas von dem verstehen, was sie tun. Nur wird man auf diese Weise eher hoch entwickelte Mord-Maschinen wie die heute schon realen Kampf-Drohnen und geplünderte Steuerkassen erhalten als ein Raumschiff, das mit einer hoch motivierten Besatzung an Bord zum Mars fliegt.
Häufig genug waren es die belächelten Außenseiter, die mit ihrem Forscherdrang die Menschheit zu großen Entdeckungen geführt haben und noch häufiger gerade die kleinen Schritte, die irgendwann den entscheidenden großen ermöglichten. Und so wünsche ich dem Forscher-Team aus dem kleinen Österreich Glück auf dem Weg und eine erfolgreiche und wissenschaftlich ergiebige Mission.
Frank W. Haubold
Schriftsteller
Meerane, im Januar 2013
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- Tagged:Science Fiction
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