2015
Das neue Gesetz mit dem Titel „US Commercial Space Launch Competitiveness Act“ soll vor allem privaten Unternehmen den Abbau von wertvollen, extraterrestrischen Rohstoffen erlauben. Diese erhoffen sich durch Verkauf der so gewonnen Rohstoffe hohe Gewinne. Internationale Stimmen aus dem Weltraumrechtssektor sehen dieses Gesetz kritisch. Wir fassen die aktuelle Lage zusammen.
Am 16. November 2015 verabschiedete der amerikanische Kongress den „Commercial Space Launch Competitiveness Act“. Das Gesetz wurde US-Präsident Obama vorgelegt, der es am 25. November 2015 unterschrieb (1). In Abschnitt IV spricht es amerikanischen Staatsbürgern die Besitzrechte an Ressourcen zu, die von ihnen im All und auf Asteroiden erlangt werden (2). Dies richtet sich vor allem an private Unternehmen, die sich vom Abbau wertvoller, extraterrestrischer Rohstoffe hohe Gewinne erhoffen. In einer schriftlichen Stellungnahme schrieb Chris Lewicki, Präsident des US-Unternehmens „Planetary Resources Inc.“, dass mit dem Gesetz ein
„wachstumsfreundliches Umfeld für eine aufstrebende Industrie“ geschaffen wird. (3)
Rick Tumlinson, Vorsitzender der amerikanischen Firma „Deep Space Industries“, bezeichnete das Gesetz
als einen wichtigen Schritt, um den Reichtum des Sonnensystems für die Menschen der Erde freizusetzen (4)
Der Abbau von Rohstoffen im All ist schon lange ein Ziel von Unternehmen und Wissenschaftlern. In Asteroiden vermutet man riesige Wasservorkommen sowie seltene Erze und Metalle. Auf der Erde ist eine wachsende Anzahl von Menschen auf eine endliche Menge an Ressourcen angewiesen. Die Aussicht auf reiche Ressourcenvorkommen würde unsere Bedürfnisse danach auf lange Zeit stillen und Konflikte um schwindende Rohstoffe abwenden. Befürworter des Gesetzes erwarten durch das Aufkommen dieses neuen Industriesektors viele neue Arbeitsplätze, eine Stärkung der Wirtschaft (5) und sowie eine Reduzierung der Kosten der Raumfahrt (6).
Das neue Gesetz birgt jedoch auch Probleme und Konfliktpotential, denn es gibt Widersprüche und Unklarheiten in Bezug auf internationale Verträge über die Nutzung des Alls. Der wichtigste von ihnen ist der Weltraumvertrag von 1967, der im Rahmen der Vereinten Nationen verhandelt wurde. Er wurde von 103 Staaten ratifiziert, darunter auch die USA, und von weiteren 25 unterzeichnet (7). Artikel II des Weltraumvertrags besagt, dass kein Staat nationalen Anspruch auf das All und die dort existierenden Himmelskörper erheben darf (8). Deshalb kritisieren viele Beobachter nun, dass der amerikanische Kongress überhaupt nicht die Befugnis hat, US-Unternehmen Besitzrechte von Himmelskörpern zuzusprechen. Dr. Gbenga Oduntan, Dozent für Völkerrecht an der University of Kent, nennt es sogar eine
„frontale Attacke auf bestehende Prinzipien des Weltraumrechts“ (9).
Dies erkannten die Gesetzgeber selbst, weshalb sie eine Klausel hinzufügten, dass sie mit dem Gesetz keine Souveränitätsansprüche oder den Anspruch auf rechtliche Zuständigkeit über einen Himmelskörper erheben. Da das Gesetz aber trotzdem Rechte über auf Himmelskörpern erlangte Materialien erteilt, ist nicht ganz klar, wie diese Klausel zu interpretieren ist.
Abgesehen von den rechtlichen Streitigkeiten stellt sich auch die Frage nach den politischen Implikationen des Gesetzes. Für Kritik sorgt vor allem, dass die USA die Entscheidung über die Nutzung von Himmelskörpern unilateral, also im Alleingang, getroffen haben. Gleich im ersten Satz des Weltraumvertrags heißt es, dass die Erkundung und die Nutzung des Weltalls zum Wohle und im Interesse aller Staaten ohne Diskriminierung in irgendeiner Art erfolgen sollten. Zwar lässt sich dieser Grundsatz in der Praxis meist nicht immer so umsetzen. Doch mit dem neuen Gesetz, welches die Besitzrechte explizit amerikanischen Staatsbürgern erteilt, setzen sich die USA ganz bewusst darüber hinweg.
Chris Lewicki von Planetary Resources Inc. lobte das Gesetz vor allem deswegen, weil es ein
„zunehmend stabiles und vorhersehbares regulatorisches Umfeld“ schafft.
Für sein Unternehmen lohnen sich die enormen Investitionen in mögliche Missionen zum Rohstoffabbau auf Asteroiden nämlich nur, wenn man sich der gesetzlichen Rahmenbedingungen sicher sein kann. Doch genau diese schafft das Gesetz gerade nicht. Denn über mögliche Reaktionen der internationalen Gemeinschaft lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren.
Dr. Gbenga Oduntan befürchtet
,dass sich nun auch andere Staaten gezwungen fühlen könnten, Programme zum Rohstoffabbau auf Asteroiden auf den Weg zu bringen (10).
Der Rechtsunterausschuss des Ausschusses für die friedliche Nutzung des Weltraums der Vereinten Nationen ist die offensichtlichste Plattform, um dieses Thema auf internationaler Ebene zu diskutieren. Er tagt jedoch erst wieder nächsten April und bis dahin herrscht erstmal Unklarheit und Unsicherheit.
Mit dem „Commercial Space Launch Competitiveness Act“ beschreiten die USA also einen gefährlichen Pfad. Ein neues „Space Race“ wünscht sich niemand, doch genau dieses könnte durch das neue Gesetz jetzt provoziert werden. Deshalb ist es wichtig, dass sich die relevanten Akteure auf internationaler Ebene nun so schnell wie möglich zusammensetzen und Missverständnisse sowie Konflikte aus dem Weg räumen. Denn die nachhaltige und friedliche Nutzung des Alls zum Wohle der gesamten Menschheit darf nicht in Frage gestellt werden.
Quellen:
- (1) www.congress.gov/bill/114th-congress/house-bill/2262/all-actions
- (2) www.congress.gov/114/bills/hr2262/BILLS-114hr2262enr.pdf
- (3) www.planetaryresources.com/2015/11/president-obama-signs-bill-recognizing-asteroid-resource-property-rights-into-law/
- (4) deepspaceindustries.com/u-s-makes-space-history/
- (5) www.multivu.com/assets/55879/documents/55879-Planetary-Resources-FAQs-original.pdf
- (6) www.nasa.gov/content/goddard/new-nasa-mission-to-help-us-learn-how-to-mine-asteroids
- (7) www.unoosa.org/pdf/limited/c2/AC105_C2_2015_CRP08E.pdf
- (8) www.unoosa.org/oosa/en/ourwork/spacelaw/treaties/outerspacetreaty.html
- (9) (10) theconversation.com/who-owns-space-us-asteroid-mining-act-is-dangerous-and-potentially-illegal-51073
- Tagged:Asteroiden, Rohstoffabbau, Weltraumrecht, Weltraumvertrag
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