2017
Sophie Gruber, Physikstudentin an der Universität Innsbruck und ÖWF Mitglied ist gerade dabei ihre Bachelorarbeit abzuschließen. Das ÖWF unterstützte sie bei ihrem Forschungsthema. In diesem Blog-Artikel erklärt sie ihre Arbeit rund um das Thema:
Leben am Mars, wo nachsehen?
Das ist sicher eine der fundamentalsten Fragen, die sich uns stellen, bevor Menschen zum Mars fliegen. Aber was benötigt Leben, so wie wir es verstehen zum Entwickeln? WASSER! Das ist eine der wichtigsten Zutaten für Leben. Wenn man also die Frage nach Extraterrestrischen Leben stellt, kann man auch genauso gut fragen: Wo gibt es Orte, an denen Wasser bzw. Wassereis über lange Zeit erhalten geblieben ist? Und genau an dieser Stelle setzt meine Bachelorarbeit an. Die letzten 5 Monate habe ich damit verbracht folgende Forschungsfrage zu beantworten:
„Welchen Einfluss haben Staubschichten auf die Lebensdauer von Eisablagerungen in Mars-Höhlen?“
Neugierig geworden? Dann einfach weiterlesen und gleichzeitig erfährt ihr um was es in meiner Physik-Bachelorarbeit „The sublimation and lifespan of water ice in caves on Mars“, welche ich beim ÖWF geschrieben habe, geht.
Wie der Titel meiner Arbeit andeutet, sind Mars-Höhlen interessante Orte. Das hat den einfachen Grund, da Höhlen natürliche Schutzzonen am Mars sind, die Abschirmung vor Strahlung und Sandstürmen bieten. Der Mars hat kein globales Magnetfeld mehr und daher ist die Mars-Oberfläche ungeschützt der Sonnenstrahlung ausgeliefert. Die logische Schlussfolgerung ist, Lebensspuren dort zu suchen, wo es Schutz gegen die Strahlung gibt. Zusätzlich haben Mars-Höhlen stabilere physikalisch-chemische Umweltbedingungen (z.B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit…) als die Marsoberfläche und beherbergen deswegen auch eher über längere Zeiträume beständige Eisablagerungen.
Auf Basis des Models von Williams et al. (2010)1, untersuchte ich die Sublimation von Eisablagerungen in Höhlen, wie sie schematisch in Abbildung 2 dargestellt sind. Die wichtigsten Parameter, welche die Sublimationsrate beeinflussen sind: der „Kamin“ (engl. „chimney“) der einen Austausch von Luft und Feuchtigkeit mit der Außenluft zulässt, die Oberflächen-Eistemperatur sowie Höhlen-Lufttemperatur und Staubschichten, welche das Eis bedecken.
Sublimation nennt man den Phasenübergang von fest zu gasförmig und dies kann zu Masseverlusten der Eisablagerungen führen. Dieser Übergang tritt in der Natur häufiger am Mars auf, als auf der Erde, weil der Atmosphärendruck am Mars nur ca. 1% des irdischen Luftdrucks ausmacht. Der Sublimationsprozess wird im allgemeinem vom Wasserdampfsättigungsdruck (ρsat) und dem Wasserdampfpartialdruck (ρ) geregelt. Das bedeutet, je mehr Feuchtigkeit in der Höhlenluft ist, desto weniger Sublimation wird stattfinden, weil der Konzentrationsunterschied zwischen der Eisoberfläche und Höhlenluft weniger wird. Ohne Konzentrationsunterschied gibt es auch keinen Mechanismus, der die Sublimation vorantreibt.
Wenn wir nun zusätzlich Staubschichten auf der Eisoberfläche in der Höhle berücksichtigen, werden die Dinge noch komplexer. Der Diffusionsprozess durch ein poröses Medium, wie z.B. Mars-Regolith („Mars-Gestein“), wird durch dessen geometrische Eigenschaften bestimmt. Das sind Eigenschaften wie Porosität, was den Volumsanteil im Regolith beschreibt, durch den sich der sublimierte Wasserdampf bewegen kann und Tortuosität, was die Gewundenheit des Regolith beschreibt, also die „Sackgassen“ die den Wasserdampf am Diffundieren hindern. Diese und ähnliche Parameter sind, wenn überhaupt, nur für Regolith in der Nähe der Viking Landeplätze bekannt, für den größten Teil des Mars Regolith sind sie jedoch unbekannt. Deshalb sind experimentelle Daten von Materialien, die ähnliche Eigenschaften aufweisen, wie man sie auch am Mars erwartet, extrem wichtig. Auf diese Weise kann man theoretische Vorhersagen über verschiedene Orte am Mars treffen, welche potentiell Wassereis beherbergen könnten.
Berücksichtigt man nun alle diese Parameter erhält man die Sublimationsraten (und damit einhergehend die Masseverlustraten) von Eisablagerungen in Höhlen am Mars. Daraus ergibt sich schließlich auch ein Vergleich der Lebensdauer von reinen Wassereisablagerung und Eisablagerungen, die von Regolith bedeckt sind. So kann z.B. eine 20cm dicke Regolithschicht die Lebensdauer von Eisablagerung um den Faktor 6 verlängern. Die daraus resultierenden Lebensspannen reichen von 350 Jahre für reine Eisdepots bis hin zu 2.100 Jahre für mit Regolith bedecke Eisdepots
Zusammenfassend lassen sich aus den Ergebnissen meiner Arbeit folgende Kriterien ableiten, welche eine lange Lebensdauer von Wassereisablagerungen in Mars-Höhlen begünstigen:
- Regolith-Schichten auf der Eisoberfläche mit kleinen Poren, hoher Tortuosität und niedriger Porosität verlangsamen den Sublimationsprozess signifikant.
- In Höhlen ohne Luftaustausch mit der Oberfläche, kann die Luft deutlich innerhalb der berechneten Lebensdauer gesättigt werden, womit weitere Sublimationsprozesse unterdrückt werden.
- Höhlen mit einer dicken Decke würden nicht von der Sonneneinstrahlung beeinflusst werden. (i.e. die Höhlentemperatur wäre generell kälter).
Wenn man diese Kriterien bei der Planung zukünftiger bemannter Mars Missionen berücksichtigt, erhöhen sich die Chancen Spuren von Leben auf dem Mars zu entdecken.
Für weitere Fragen zu diesem Thema, stehe ich gerne zur Verfügung
Referenzen:
- Williams, K. E., McKay, C. P., Toon, O. B. and Head, J. W. (2010), „Do ice caves exist on Mars?“, Icarus 209, 358–368.
Autor: Sophie Gruber
Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch
- Tagged:Bachelor-Arbeit, Eisablagerungen, Höhlen, Mars
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