2018
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Himmlische Fixpunkte: Ein neues Koordinatensystem für das Weltall
Wien (Österreich) – Auf ihrer Generalversammlung am 30. August 2018 hat sich die Internationale Astronomische Union (IAU) auf einen neuen und noch präziseren Referenzrahmen für Richtungsangaben im Weltraum geeinigt. Dieser bestimmt zukünftig, wo im All oben und unten ist, leitet Raumschiffe und Sonden zielgerichteter durchs All und hilft dabei, die Präzision der Erdrotationsachse oder das Wandern der Pole zu untersuchen.
Der bisher gültige Referenzrahmen aus dem Jahr 2010 ist in Bezug auf seine Präzision und die Zahl der Fixpunkte inzwischen überholt, wie die IAU erklärt. Deshalb hat eine Arbeitsgruppe der IAU in den letzten Jahren diese neuen Daten genutzt, um einen neuen Referenzrahmen zu entwickeln
In einer Pressemitteilung berichtet die Technischen Universität Wien (TU Wien), die an der Erstellung maßgeblich beteiligt war, dass der himmelfeste Referenzrahmen „ICRF3“ (International Celestial Reference Frame 3) auf der präzisen Vermessung von über 4.000 extragalaktischen Radioquellen basiert:
„So wie man bei der Vermessung von Berggipfeln ein Referenzsystem benötigt (etwa die Längen- und Breitengrade der Erde und die Höhe vom Meeresniveau aus gemessen), muss man sich auch für Richtungsangaben im Weltraum auf ein verlässliches Referenzsystem einigen. Tatsächlich sei die Verwendung der bekannten Fixsterne, die viele vom Blick an den Nachthimmel kennen, dafür aber keine gute Idee“, erklärt Prof. Johannes Böhm vom Department für Geodäsie und Geoinformation der TU Wien: „Sie verschieben sich im Lauf der Zeit ein kleines bisschen gegeneinander, sodass man alle paar Jahre ein neues Referenzsystem definieren müsste, um die nötige Genauigkeit zu erhalten“, führt er weiter aus.
Anders extragalaktische Radioquellen: „Wir kennen heute hunderttausende Objekte im Weltraum, die extrem intensive, langwellige Strahlung aussenden“, erläutert Böhm weiter. „Dabei handelt es sich um supermassereiche Schwarze Löcher im Zentrum fremder Galaxien, auch Quasare genannt, die teilweise Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind.“
Diese Strahlungsquellen sehen von der Erde betrachtet praktisch punktförmig aus, und eignen sich aufgrund ihrer gewaltigen Entfernungen optimal zum Festlegen eines weltweit gültigen Referenzsystems, da vergleichsweise kleine Verschiebungen zwischen den Quasaren kaum ins Gewicht fallen.
Allerdings ist, um die größtmögliche Präzision zu erreichen, jedoch einiges an Aufwand nötig: „Es genügt nicht, mit einem Radioteleskop ein Bild aufzunehmen, und daraus die Richtung der Radioquelle abzulesen. Stattdessen werden die Daten unterschiedlicher Radioteleskope miteinander verglichen“, berichtet die TU Wien in ihrer Pressemitteilung: „Jede Radioquelle liefert ein Signal mit einem gewissen Rauschen. Wenn man dieses Rauschen gleichzeitig mit zwei verschiedenen Radioteleskopen misst, die idealerweise tausende Kilometer voneinander entfernt sind, dann kann man die Zeitdifferenz zwischen dem Eintreffen des Signals am ersten und am zweiten Radioteleskop sehr genau bestimmen. Und daraus wiederum lässt sich dann die Richtung, aus der das Signal kommt, mit extremer Präzision berechnen.“ Mittlerweile können Astronomen die Position der Radioquellen am Sternenhimmel mit einer Genauigkeit von etwa 30 Mikro-Bogensekunden angeben, was in etwa dem Durchmesser eines Tennisballs auf dem Mond, von der Erde aus gesehen, entspricht.
Ab dem 1. Januar 2019 wird das neue internationale Referenzsystem offiziell verwendet, heißt es im IAU-Beschluss.
Referenz:
- Aigner F., 2018: Wo ist im Weltraum oben und unten?
- International Astronomical Union (IAU), 2018: THIRTHIETH GENERAL ASSEMBLY
RESOLUTIONS PRESENTED TO THE XXXth GENERAL ASSEMBLY
RESOLUTION B2 on The Third Realization of the International Celestial Reference Frame. Transactions IAU, Volume XXXB, Proc. XXX IAU General Assembly, August 2018.
https://www.iau.org/static/archives/announcements/pdf/ann18029c.pdf
Autor: Hubert Untersteiner
- Tagged:IAU, ICRF3, Koordinatensystem für das All
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