2018
First Light für SPECULOOS
SPECULOOS-Teleskope beginnen Suche nach habitablen erdgroßen Planeten um ultrakühle Zwergsterne
Foto: credit: tau-tec GmbH
Am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Nordchile haben die vier Teleskope der SPECULOOS-Südsternwarte (SSO) ihre ersten Beobachtungen gestartet, mit denen Astronomen nach erdgroßen, lebensfreundlichen Planeten suchen werden, die nahe ultrakühle Sterne und Braune Zwerge umkreisen. Gestartet wurde die Arbeit am SSO mit den ersten Test- und Kalibrierungsaufnahmen – einem Vorgang, der als „First Light“ bezeichnet wird. „Nach Abschluss dieser Phase der Inbetriebnahme wird diese neue Familie von Planetensuchern den wissenschaftlichen Betrieb aufnehmen, der im Jänner 2019 beginnt“, berichtet die ESO in einer Pressemitteilung. Das ESO hat dazu ein anschauliches ESOcast-Video veröffentlicht.
Hintergrund
Das SSO ist das Herzstück des wissenschaftlichen Projekts namens „Search for habitable Planets EClipsing ULtra-cOOOl Stars (SPECULOOS)“. Es besteht aus vier Teleskopen, die mit 1-Meter-Hauptspiegeln ausgestattet sind. Die Teleskope, die nach den vier gallischen Monden des Jupiters Io, Europa, Ganymede und Callisto benannt sind, wurden am Paranal-Gelände in unmittelbarer Umgebung des Flaggschiffes der ESO, nämlich des Very Large Telescope (VLT), installiert. Dort herrschen aufgrund des dunklen Nachthimmels ohne Lichtverschmutzung und eines stabilen, trockenen Klimas fantastische Beobachtungsbedingungen für die astronomische Forschung.
Die Such nach erdgroßen Exoplaneten
Mit SPECULOOS werden die Astronomen nach potentiell bewohnbaren Exoplaneten in Erdgröße suchen, die ultrakühle Sterne oder Braune Zwerge umkreisen und deren Planetensysteme noch weitgehend unerforscht sind. Bisher wurden nur wenige Exoplaneten gefunden, die solche Sterne umkreisen, und noch weniger liegen innerhalb der habitablen Zone ihres Muttersterns. Auch wenn diese leuchtschwachen Sterne schwer zu beobachten sind, so gibt es sie doch im Überfluss. Astronomen schätzen, dass sie etwa 15% der Sterne im nahen Universum ausmachen. Um rund 1.000 solcher Sterne, wird SPECULOOS nach erdgroßen, habitablen Planeten suchen.
„SPECULOOS ermöglicht es uns, erdähnliche Planeten zu entdecken, die regelmäßig einige unserer kleinsten und kühlsten Nachbarsterne bedecken“, erklärte Michaël Gillon von der Universität Lüttich und Forschungsleiter des Projekts SPECULOOS. „Das ist eine einzigartige Gelegenheit, die Geheimnisse dieser nahen Welten zu ergründen.“
Transitmethode
Um mit SPECULOOS erdgroße Exoplaneten aufzuspüren, bedienen sich die Astronomen der sog. Transitmethode. Das Prinzip dahinter ist, dass ein Teil des Sternenlichtes vom Planeten blockiert wird, wenn er an seinem Mutterstern vorbeizieht. Im Grunde genommen verursacht er eine kleine partielle Sonnenfinsternis, was zu einer geringen, aber aus der Ferne messbaren, Abdunkelung des Sterns führt. Exoplaneten von kleineren Sternen blockieren während eines Vorbeizugs einen größeren Anteil des Sternlichts, so dass diese periodischen Finsternisse viel leichter zu erkennen sind als die von größeren Sternen.“
Bisher konnte mit der Transitmethode nur sehr wenige erdgroße Exoplaneten aufgespürt werden. Mit dem SPECULOOS-Programm jedoch können aufgrund der geringen Durchmesser der untersuchten Sterne in Kombination mit der hohen Empfindlichkeit der neuen Teleskope auch Exoplaneten von der Größe der Erde innerhalb der habitablen Zone dieser Sterne aufgespürt werden.
Habitable Zone
Als habitable Zone bezeichnet man im Allgemeinen den Abstandsbereich, in dem sich ein Planet von seinem Mutterstern befinden muss, damit Wasser, aufgrund der günstigen Oberflächentemperaturen dauerhaft in flüssiger Form auf der Planetenoberfläche vorliegen kann, und damit beste Umweltbedingungen für erdähnliches Leben aufweist. Solche Planeten eignen sich dann besonders gut für Folgebeobachtungen mit großen boden- oder weltraumgestützten Teleskopen.
Hochempfindliche Teleskopkameras im Infrarotbereich
Die Teleskope sind mit Kameras ausgestattet, die im nahen Infrarot hochempfindlich sind, erklärt Laetitia Delrez vom Cavendish Laboratory, Cambridge, einer Co-Verantwortlichen im SPECULOOS-Team. Diese Strahlung liegt ein wenig jenseits dessen, was das menschliche Auge erkennen kann. Die leuchtschwachen Sterne, die SPECULOOS anvisieren wird, strahlen primär in diesem Bereich.
Das Projekt wird von den beiden TRAPPIST 60-cm-Teleskopen unterstützt, eines am ESO-Observatorium La Silla und das andere in Marokko. Das Projekt wird zu absehbarer Zeit auch die Sternwarte SPECULOOS-Nord und SAINT-Ex umfassen, die sich derzeit auf Teneriffa, Spanien, bzw. in San Pedro Mártir, Mexiko, im Bau befinden. Zudem besteht auch Potenzial für eine spannende zukünftige Zusammenarbeit mit dem Extremely Large Telescope (ELT), dem zukünftigen Flaggschiffteleskop der ESO, das derzeit auf dem Cerro Armazones gebaut wird. Das ELT wird in der Lage sein, die von SPECULOOS entdeckten Planeten in noch nie dagewesener Detailgenauigkeit zu beobachten – vielleicht sogar ihre Atmosphäre zu analysieren.
„Diese neuen Teleskope werden es uns ermöglichen, die nahegelegenen erdähnlichen Welten im Universum genauer zu erforschen, als wir es uns noch vor zehn Jahren hätten vorstellen können“, so Michaël Gillon. „Das sind ungeheuer aufregende Zeiten für die Exoplanetenforschung.
ÖWF besucht das Paranal-Observatorium
Olivia Haider, Vorstandsmitglied des ÖWF, wird im Juli 2019 nach Nordchile zum Paranal-Observatorium reisen, und dort Gelegenheit haben, die SPECULOOS-Teleskope zu besichtigen. Wir dürfen schon gespannt sein, was sie dann zu berichten hat.
Autor: Hubert Untersteiner (ÖWF)
- Tagged:ESO, Paranal-Observatorium, SPECULOOS, SSO
Veranstaltungen
Blog Kategorien
- AMADEE-15 (13)
- AMADEE-18 (14)
- AMADEE-20 (21)
- AMADEE-24 (9)
- Aouda Raumanzug-Simulator (71)
- Buchtipps (3)
- Expedition/Simulation (47)
- Flugprojekte (17)
- Forschung / Projekte (122)
- Gästeblogger (45)
- ÖWF Aktuell (482)
- ÖWF Intern (12)
- Phileas Rover (27)
- Podcast (1)
- Praktikum beim ÖWF (75)
- Presseaussendungen (125)
- Serenity Raumanzug-Simulator (3)
- Veranstaltungen (61)
- World Space Week (18)