2022
OSS – On Site Support unterstützte die Crew der Analog-Astronaut*innen, ohne mit diesen zu interagieren. Dabei kümmerten sie sich um Infrastruktur, die am „Mars“ vorhanden sein musste, damit die Mission reibungslos stattfinden konnte, wie zum Beispiel die Verlegung und Wartung der WLAN-Infrastruktur und das Auffüllen der Wasservorräte. Das OSS-Team war also ebenfalls in Israel in der Nähe des Testgeländes stationiert, hatte jedoch keinen direkten Kontakt zu den Analog-Astronaut*innen, die ihre Mission ja in Isolation absolvierten. Lediglich während der Außenbordeinsätze (EVAs) begleiteten speziell geschulte Mitglieder des OSS-Teams die Analog-Astronaut*innen in einem bestimmten Abstand, um ihre Sicherheit stets zu gewährleisten.
Im folgenden Interview berichten Judith Kümmel, Leiterin des OSS-Teams, und Florian Voggeneder, Mitglied im OSS-Team und unser Missionsfotograf, von ihren Eindrücken der AMADEE-20-Mission.
Wie groß war das OSS Team im Oktober 2021 in Israel? (Welche Spezialisierungen gab es, was musste abgedeckt werden?)
Judith: Auf ÖWF-Seite im OSS Team waren wir 16 Personen, dazu kam noch das OSO Team (On-site Operators) aus Israel mit 13 Leuten von D-Mars. Das Maximum an Leuten, die wir an einem Tag arbeitend im Feld hatten waren 12, das Minimum gegen Ende fünf.
Spezialisierte Aufgaben waren die der Medos (medical officers), Field IT, Quartermaster, Safety, Photograf und Media. Dazu waren wir noch für etliche Experimente zuständig und zusätzlich auch fürs Housekeeping und Kochen. Das OSO Team bemannte den Checkpoint bei der Zufahrt zum Habitat, machte die Straßensperren während der EVAs, übernahm Transportaufgaben und das Einkaufen, ebenso das Betanken der Fahrzeuge (auch der Quads und Rangers) und half uns.
Wie lange wart ihr vor Ort und wie lang waren im Durchschnitt eure Arbeitstage?
Judith: Einige wenige vom OSS-Team waren die ganze Dauer der Mission vor Ort – vom 2.10.21 bis 1.11.21, andere zwischen 10 Tagen bis 3 Wochen – je nach Verfügbarkeit.
Florian: Abhängig vom Daily Activity Package begannen unsere Arbeitstage zum Teil bereis um 06:00 mit Frühstück und Morgenbriefing. Mit dem Abendbriefing um ca. 20:00 endete der Tag offiziell. Je nach Spezialisierung waren aber einige von uns noch bis spät in die Nacht mit Nach- und Vorbereitungen beschäftigt.
Hattet ihr Freizeit und somit die Gelegenheit Land und Leute etwas näher kennen zu lernen?
Florian: Nachdem wir als Support-Crew nicht in Isolation waren, konnten wir gelegentlich aus dem Missionsalltag fliehen. Von den vier geplanten „Black Days“ (unseren freien Tagen) hatten wir schlussendlich zwei zur Verfügung. Für beide dieser Tage haben lokale und internationale Crewmitglieder gemeinsam Ausflüge organisiert, während zwei Freiwillige zur Sicherheit unserer Analog-Astronaut*innen in Mitzpe Ramon zurückblieben.
Den ersten Tag erkundeten wir die Altstadt Jerusalems vom Jaffa Gate bis zur Österreichischen Hospiz. Am Rückweg zur Negev haben wir uns nach Einbruch der Dunkelheit noch im Toten Meer treiben lassen.
Am zweiten freien Tag durchquerten wir die Negev Wüste bis an die Hafenstadt Eilat, sind im Roten Meer geschnorchelt und haben im Sonnenuntergang am Strand Karten gespielt, und sind erst spät in der Nacht in unsere Unterkunft zurückgekehrt.
An den letzten Tagen der Mission erreichte uns überraschend die Nachricht, dass der Israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog über die Medien von der AMADEE-20-Mission erfahren hatte und uns samt Raumanzugsimulator nach Jerusalem einlud. Einige Tage später haben wir tatsächlich einen AOUDA Raumanzugsimulator vor der Präsidentenresidenz vom Pickup-Truck gehoben und vorbei an sehr aufmerksamen Sicherheitsleuten zur Audienz gebracht.
Was waren die spannendsten/kuriosesten Ereignisse während der Mission?
Judith: Spannend war auf alle Fälle, als Gernot und ich Ende September in Israel ankamen und feststellten, dass das Habitat noch nicht fertig war und wir es dadurch noch nicht für die Ankunft der Crew vorbereiten konnten. Aber durch die tatkräftige Mithilfe aller konnten unsere Analog-Astronaut*innen schon eine Woche später ihr Quartier beziehen.
Für die letzten Tage der Mission war ein großer WLAN Umbau im Feld geplant. Da unser ITler an diesem Tag ausfiel, übernahm Flo die Leitung dafür und schaffte es unter Opferung unseres freien Tages, mit dem OSS und OSO Teammitgliedern, erfolgreich das WLAN für die nächste EVA umzubauen.
In unserem Quartier in Mitzpe Ramon hatten wir einmal Schlangen im Keller. Die erste sahen wir, als sie gerade auf dem Weg die Stiegen hinauf war. Gal Yoffe hat sie eingefangen und in die Wüste gebracht. Medizinische Notfälle hatten wir zum Glück nur kleine – Abschürfungen und leichte Verstauchungen.
Wie schmeckt/riecht die Wüste? Also hat man den Wüstenstaub z. B. nur auf den Schuhen/Klamotten oder kriecht er einem buchstäblich überall hin?
Judith: Wie riecht die Wüste? Erfrischt nach dem Regen, sandig im Sturm, sauber in der Sonne, beruhigend in der Nacht.
Die Overalls haben im großen und ganzen eine gute Arbeit geleistet, den Sand am Körper nicht überall hinkommen zu lassen. Meistens. Aber man findet ihn trotzdem überall. Am Boden, auf den Arbeitsgeräten, die Fahrzeuge waren überzogen damit und die Solarpanele mussten regelmässig gekehrt werden.
Wie beeindruckend ist der Nachthimmel? (Ich vermute, dort ist es dunkel, so richtig dunkel und Lichtverschmutzung ist kein Thema. Trifft das zu? Wie klingt die Wüste in der Nacht?)
Judith: Meine letzte Nacht in Mitzpe Ramon hab ich auf einem der Container geschlafen. Mit dem Schlafsack direkt unter den Sternen. Es war wunderschön. Der Platz des Containers war windgeschützt, aber unten im Tal hat er leicht zwischen den Steinen geflüstert. Das ist ein Erlebnis, dass ich jederzeit sofort wiederholen würde.
Wenn ihr nun zurückblickst auf die Mission, was nehmt ihr von dieser Zeit mit?
Judith: Ich nehme die vielen Eindrücke mit, die diese Mission bei mir hinterlassen hat. Das Kennenlernen eines neuen Landes, das Zusammenarbeiten mit hoch motivierten, zu allem bereiten, ihren Urlaub und Freizeit zur Verfügung stellenden Menschen aus allen Lebenslagen. Egal wer, ob Arzt oder Schüler, Pilot oder Angestellter, jeder war bereit, überall mit anzugreifen, mitzuhelfen und alle Aufgaben zu übernehmen.
Es war der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit, die diese Mission für mich so besonders machte. No matter the nationality or the background – we were 1 team!
Florian: Und was nehme ich mir für die nächste Mission vor? Auf alle Fälle mehr zu schlafen. ;-)
Vielen Dank, Judith und Florian!
Weitere ausführliche Informationen zur Mission: https://oewf.org/amadee-20/
Und hier geht es zu weiteren wunderbaren Bildern: https://www.flickr.com/photos/oewf
Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch
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