2025

Die Faszination für den Astrophysiker Stephen Hawking mit seiner Gedankenwelt begleitet mich seit meiner Kindheit. Seine Fähigkeit, die Grenzen unseres Verständnisses von Raum und Zeit und dem Universum zu erweitern, beeindruckt mich immer wieder. Er hat gezeigt, wie wichtig es ist, die großen Fragen zu stellen und dabei niemals aufzuhören, nach Antworten zu suchen. 2017 sprach Hawking in einem BBC-Interview davon, dass die Menschheit sich nur vor sich selbst bewahren könne, in dem sie sich von einem Planeten zum anderen bewegt. Er appelliert, dass so schnell wie möglich der Mars und andere Planeten erschlossen und besiedelt werden müssen.
Problemstellung
Gerade im Hinblick auf den Klimawandel, globale Konflikte und Ressourcenerschöpfung, die unseren Planeten nachhaltig beeinträchtigen, habe ich die Aussage Hawkings als Grundlage für die Themenwahl meiner vorwissenschaftlichen Arbeit genommen, um zu erfahren, wie realistisch eine Besiedlung des Mars sein könnte.
In diesem Kontext konzentriert sich die Arbeit auf das wissenschaftliche Konzept Terraforming. Um mein Thema zu präzisieren habe ich folgende Forschungsfrage formuliert: Inwieweit dieses Konzept geeignet erscheint, einen extraterrestrischen Planeten derart zu verändern, dass menschliches Leben darauf möglich ist und im speziellen wie wahrscheinlich eine Besiedelung des roten Planeten durch den Menschen unter der Verwendung von Terraforming ist?
Methodik
In meiner Arbeit wurden mittels einer Literaturanalyse die bisherigen Forschungsergebnisse zum Terraforming näher beleuchtet. Mit dem Ziel, die technischen und ökologischen Möglichkeiten des Terraformings zu analysieren, um den Mars langfristig in einen bewohnbaren Planeten umzuwandeln. Ein geführtes Experteninterview mit dem Direktor des ÖWF Herrn Dr. Grömer ermöglichte kontextbezogene Einblicke in das Forschungsfeld. Durch die Verknüpfung der Erkenntnisse aus der Literatur mit denen aus dem Interview konnten die qualitativen Daten ausgearbeitet werden.
Terraforming mit seinen Methoden und Herausforderungen
Terraforming ist als ein Prozess zu verstehen, bei dem ein extraterrestrischer Planet, wie der Mars, durch gezielte technische Maßnahmen so verändert wird, dass Menschen auf ihm leben könnten. Aufgrund seiner Lage in der habitablen Zone und dem Vorhandensein wichtiger chemischer Elemente wie Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff würde der Mars grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine potenzielle Besiedlung bieten. Dennoch fehlen ihm zentrale Eigenschaften wie eine dichte, atembare Atmosphäre, ausreichend hohe Temperaturen und ein stabiles ökologisches System.1

Um den Planeten langfristig für menschliches Leben bewohnbar zu machen, wird für Terraforming des Mars eine Kombination verschiedener technologischer Ansätze benötigt. Hierbei sind vier zentrale Methoden relevant:3
1. Erwärmung der Marsoberfläche
Zur Erhöhung der Temperaturen auf dem Mars sollen große Spiegel im All eingesetzt werden, die Sonnenlicht gezielt auf die Oberfläche reflektieren. Denkbar ist die Positionierung dieser Spiegel in einer Umlaufbahn oder auf dem Marsmond Phobos. Die Konstruktion eines weltraumbasierten Sonnenlichtreflektors sollte dabei die gesamte Marsoberfläche auf erdähnliche Temperaturen erwärmen. Obwohl dieses Technologiekonzept theoretisch machbar wäre, stellt es die Wissenschaft vor enorme technische Herausforderungen. Realistischer wäre ein kleinerer Spiegel mit 125 km Radius aus aluminiertem Mylar, der lokal eine Erwärmung um etwa 5 Kelvin bewirken könnte. Dies würde ausreichen, um gefrorenes CO₂ aus der südlichen Polarkappe zu verdampfen. Da ein solcher Spiegel zu groß ist, um von der Erde aus transportiert zu werden, soll er im Weltraum aus Material von Asteroiden oder Marsmonden gebaut werden.4
Eine weitere Methode nutzt Nanostäbchen aus Aluminium oder Eisen, die Sonnenlicht streuen und infrarote Wärme abstrahlen. Simulationen zeigen, dass bereits eine geringe Dichte dieser Partikel die Temperaturen in bestimmten Regionen deutlich erhöhen könnte – sogar bis zu saisonalem flüssigem Wasser. Diese Technik ist pro Masseneinheit sehr effizient, wobei hier weiterer Forschungsbedarf besteht.5
2. Atmosphärenmodifikation
Der Mars besitzt eine sehr dünne Atmosphäre, die für menschliches Leben ungeeignet ist. Daher ist eine Verdichtung und Anreicherung der Atmosphäre mit CO₂ zur Verstärkung des Treibhauseffekts sowie die spätere Umwandlung in Sauerstoff mittels Photosynthese notwendig. Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch der Import von N₂, der als Puffergas benötigt wird, um eine stabile und atembare Atmosphäre zu ermöglichen. Aus sicherheitstechnischen Überlegungen sollte vor der Erwärmung des Planeten sowie der Erhöhung des CO2-Gehalts die vollständige Menge an N2 in die Marsatmosphäre eingebracht werden.6
Da der Mars nicht genug N₂ enthält und die Erde als Quelle ungeeignet ist, wird der Saturnmond Titan als ideale Bezugsquelle betrachtet. Seine Atmosphäre besteht zu 98 % aus N₂. Kugelförmige Robotertanks könnten den Stickstoff in etwa 10 Jahren pro Flug zum Mars bringen. Innerhalb von rund 40 Jahren wäre so die nötige Menge für eine terraformierte Marsatmosphäre verfügbar.7
3. Schaffung einer Biosphäre
Die Einführung neuer Arten auf dem Mars müsste sorgfältig geplant und computergestützt auf ihre Auswirkungen auf das Ökosystem geprüft werden. Zur Etablierung eines funktionierenden Ökosystems sollen zunächst Mikroben eingesetzt werden, die CO₂ in O₂ umwandeln. Besonders geeignet sind extremophile Arten wie Chroococcidiopsis, die auch unter rauen Bedingungen überleben. Die NASA erforscht aktuell den Einsatz von Cyanobakteria und Algen, die Sauerstoff produzieren. Erste Tests sollen mit speziellen Rover-Missionen erfolgen.8
In weiteren Phasen könnten aquatische Ökosysteme entstehen, gefolgt von komplexeren Organismen wie Zooplankton, Fischen, Flechten, Insekten, Vögeln sowie Pflanzen- und Fleischfressern. Ziel ist die Entwicklung eines stabilen Kreislaufs, der am Ende auch eine menschliche Besiedlung ermöglicht.9
4. Schaffung eines Magnetfeldes
Selbst wenn es gelingen würde, den Mars mit ausreichend CO2 und O2 anzureichern und flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche zu halten, wären solche erdähnlichen Bedingungen vermutlich nicht von Dauer. Das Fehlen eines schützenden Magnetfeldes würde dazu führen, dass der Sonnenwind langfristig über Milliarden von Jahren die Atmosphäre des Planeten abtragen würde. Die durch Terraforming geschaffenen erdähnlichen Bedingungen würden wieder degradiert werden. 10
Um die Marsbiosphäre vor gefährlicher Strahlung zu schützen, könnten verschiedene Maßnahmen helfen. Eine dichtere Atmosphäre würde bereits einen gewissen Schutz vor geladenen Teilchen bieten. Steigende Sauerstoffwerte könnten zudem die Bildung einer Ozonschicht begünstigen, die UV-Strahlung blockiert. Dennoch wäre ein künstlich erzeugtes Magnetfeld die wirksamste Lösung, um den Mars langfristig vor Sonnenwind und hochenergetischer Strahlung zu schützen – so wie es das natürliche Magnetfeld der Erde macht.11

Ein entwickeltes Konzept sieht vor, einen Plasmaring um den Mars zu erzeugen, der ein künstliches Magnetfeld entstehen lässt. Dabei sollen die beiden Marsmonde Phobos und Deimos als Quelle für dieses Plasma (Plasmageneratoren) genutzt werden. Aufgrund ihrer geringen Schwerkraft könnten mithilfe von technischen Systemen Plasmapartikel von ihrer Oberfläche verdampft und freigesetzt werden. Dieses Material würde durch Sonnenstrahlung ionisiert, wodurch ein Plasmastrom entsteht. Mit jeder Umlaufbahn des Mondes um den Mars würde sich dieser Plasmaring (Toroidal plasma current) aus ionisiertem Gas verstärken.13
Um den Plasmaring stabil zu halten und zu kontrollieren, wären Kicker-Stationen erforderlich, die das Plasma gezielt beschleunigen und lenken. Der entstehende Plasmastrom würde ein poloidales Magnetfeld erzeugen, das den Mars wirksam vor dem Sonnenwind schützt. Dadurch ließe sich der Verlust der Atmosphäre verhindern, die Wärmeaufnahme des Planeten verbessern und langfristig ein lebensfreundlicheres Klima schaffen.14
Terraforming: Science-Fiction oder Realität?
Die Arbeit konnte zeigen, dass mithilfe von Planetary Engineering grundlegende Umweltfaktoren wie Temperatur, Luftdruck und Atmosphärenzusammensetzung veränderbar sind. Somit könnte langfristig eine Biosphäre aufgebaut werden. Der technologische Fortschritt in der Raumfahrt und in der Marsforschung hat die theoretische Machbarkeit einzelner Terraforming-Methoden verbessert. Dennoch hat die Auswertung der qualitativen Daten deutlich gezeigt, dass solche Vorhaben mit enormen technischen, logistischen und ökologischen Herausforderungen verbunden sind.
Ein zentrales Problem ist die Unsicherheit über die langfristige Stabilität der geschaffenen Umweltbedingungen. Wie auf der Erde sind auch auf dem Mars die Ressourcen begrenzt. Zudem muss Terraforming in seiner gesamten Komplexität betrachtet werden und hier zeigt sich, dass die derzeit verfügbaren Technologien über unsere gegenwärtigen Möglichkeiten hinausgehen. Außerdem ist noch ungeklärt, ob mikrobielles Leben auf dem Mars existiert. Sollte dies der Fall sein, könnten bereits kleine Eingriffe in die Umwelt schwerwiegende Folgen für potenzielle marsianische Lebensformen haben. Die ökologischen Auswirkungen sind kaum abschätzbar, weshalb eine vollständige Umgestaltung des Mars kritisch hinterfragt werden muss.
Für zukünftige Forschungen empfiehlt es sich, die Besiedlung des Mars nicht als Lösung der Probleme der Menschheit zu sehen, da dies als Flucht vor der ökologischen Verantwortung auf der Erde – sogenannter Eskapismus – interpretiert werden muss. Stattdessen soll Terraforming als Chance gesehen werden, um den Lebensraum der Menschen zu erweitern und die Resilienz unserer Spezies zu steigern. Dabei muss ein Gleichgewicht zwischen menschlichen Bedürfnissen und dem Schutz potenzieller außerirdischer Ökosysteme hergestellt werden. Gleichzeitig darf im Zuge dieses Terraforming-Prozesses die Erde nicht vernachlässigt werden.
Vielmehr sollte Terraforming als theoretisches Konzept dienen, das den wissenschaftlichen Diskurs über Technologie, Biologie und Ökologie vorantreibt. Dadurch kann auch das Verständnis für das eigene Ökosystem auf der Erde erweitert und der Menschheit neue Handlungsoptionen aufgezeigt werden.

Autorin: Lisa-Marie Senn
1 (Fogg, M.J. (1995). Terraforming: Engineering Planetary Environments. o.O.)
2 (Ballard, D. (2006). Artist’s impression of the hypothetical phases of the terraforming of Mars.
https://en.wikipedia.org/wiki/File:MarsTransitionV.jpg [Zugriff am 08.07.2025])
3 (Moss, S. (2006). Terraforming Mars. Abgerufen am 22.08.2025 von https://www.researchgate.net/publication/319177557_Terraforming_Mars)
4 (Moss, S. (2006). Terraforming Mars. Abgerufen am 22.08.2025 von https://www.researchgate.net/publication/319177557_Terraforming_Mars)
5 (Ansari, S., Kite, E.S., Ramirez, R., Steele, L.J., Mohseni, H. (2024). Feasibility of keeping Mars warm with nanoparticles. Science Advance.)
6 (Ansari, S., Kite, E.S., Ramirez, R., Steele, L.J., Mohseni, H. (2024). Feasibility of keeping Mars warm with nanoparticles. Science Advance.)
7 (Moss, S. (2006). Terraforming Mars. Abgerufen am 22.08.2025 von https://www.researchgate.net/publication/319177557_Terraforming_Mars)
8 (Moss, S. (2006). Terraforming Mars. Abgerufen am 22.08.2025 von https://www.researchgate.net/publication/319177557_Terraforming_Mars)
9 (Moss, S. (2006). Terraforming Mars. Abgerufen am 22.08.2025 von https://www.researchgate.net/publication/319177557_Terraforming_Mars)
10 (Mehta, J. (2021). Can we make Mars Earth-like through terraforming?. Abgerufen am 15.08.2025 von https://www.planetary.org/articles/can-we-make-mars-earth-like-through-terraforming)
11 (Moss, S. (2006). Terraforming Mars. Abgerufen am 22.08.2025 von
https://www.researchgate.net/publication/319177557_Terraforming_Mars)
12 (NASA’s Scientific Visualization Studio. (2019). Image of Martian magnetic field line interactions courtesy of Anil Rao/Univ. of Colorado/MAVEN/NASA GSFC.
https://svs.gsfc.nasa.gov/12397#media_group_324357 [Zugriff am 12.08.2025])
13 (Bamford, R.A., Kellett, B.J., Green, J., Dong, C., Airapetian, V., Bingham, R. (2021). How to create an artificial magnetosphere for Mars. Acta Astronautica, S. 323 – 333.)
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