2011
Das Zentrum des Salzkammerguts, genauer gesagt der kaiserliche Kurort Bad Ischl, schnuppert vom 24. bis 26. Juni 2011 ein wenig Weltraumluft. 14 ÖWF’lerinnen und ÖWF’ler haben den Ort auserkoren (schließlich haben sich hier einst Kaiser Franz-Joseph und Sissy (Kaiserin Elisabeth) verlobt) um über die Zukunft unsere Prinzessin Aouda.X zu diskutieren und die nächsten Meilensteine im PolAres Teilprojekt Suit (Mars-Anzug) festzulegen.
Deshalb starten wir am Freitag Nachmittag zunächst mit alt bekannten Dingen: dem SRD (System Requirements Document). Darin sind die Rahmenbedingungen des Anzugs definiert wie z.B. wie schwer darf der Anzug sein, welche Temperaturen muss er widerstehen etc. Über einen Rückblick der Rio Tinto Mission wollen wir dann nach vorne Blicken: Wüstenlandschaften werden an die Wand projiziert. Weite Wüstenlandschaften. Inmitten der Aouda Anzug auf den Eurobot. So könnten unsere Vision für Ende 2012 / Anfang 2013 aussehen. Nun geht’s daran, diese Vision auch Wirklichkeit werden zu lassen.
Tief hängende Wolken über der bergigen Landschaft des Salzkammerguts begrüßen uns am Morgen des 2. Tages des Suit Workshops. Wahrscheinlich sind wir die Einzigen im idyllischen Bad Ischl, die sich über das schlechte Wetter freuen, schließlich werden wir den ganzen Tag im Pfarrsaal verbringen und über die Zukunft unserer Prinzessin (der Mars-Anzug ist nach der indischen Prinzessin „Aouda“ aus Jules Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt“ benannt) und auch neuer Feldmissionen brüten.
Wir rekapitulieren vom vorherigen Tag: das Missionszenario steht soweit (10 Leute, 10 Tage, min. 10×10 km etc. im Feld, ein Mission Support Center in Österreich). Nun gehören die Rollen skizziert. Erste hitzige Diskussion entstehen als es um die Rolle des „Safety“ geht: „Wir sollten statt dem Safety einen Zweiten Suittester definieren, da dies realistischer ist für eine Mars Mission“, meint Thomas Luger (BME während Rio Tinto Simulation). „Der muss nicht in einem Anzug stecken, für die Simulation reicht es aus, wenn der Zweite nur Handschuhe trägt“ ergänzt Gernot Grömer. Aus dem Untergeschoss erschallen die Klänge des Kirchenchors, während im 1. Stock des Pfarrhauses die Diskussionen intensiver werden. Schlussendlich einigen wir uns darauf, dass wir einen zweiten Suittester und einen eigenen Safety benötigen, schließlich stellt der Safety die Sicherheit der Simulation auf der Erde sicher! Neben diesen beiden Rollen werden insgesamt 12 Rollen für das Feld auf ein Flipchart geschrieben. 2 Rollen mehr als geplant. Hier müssen wir im Rahmen der nächsten Trainings und Feldtests die Rollendefinition evaluieren.
Als letzter Punkt vor der Mittagspause geht es um die Kommunikationsinfrastruktur und die OPS (Operations) Kiste. Für die Kommunikation müssen wir sicherstellten, dass wir auch Strecken von mindestens 10x10km abdecken können. Details werden auf die nachmittäglichen Splinter-Sessions verschoben. Die Idee der OPS Kiste ist aufgrund der Lessons Learned von Rio Tinto entstanden, wo die einzelnen Laptops durch den Sand und Staub sehr litten. Die OPS Kiste soll die Laptops ersetzen und min. 4 Arbeitsplätze für die Operation im Feld ermöglichen. Mehrere OPS Kisten müssen Staub & Wasser geschützt sein. Die Kisten können dann je nach Bedürfnis untereinander verbunden und damit unterschiedlich viele Arbeitsplätze geschaffen werden.
Am Nachmittag teilen wir uns in zwei Gruppen auf: OBDH (on-board-data handling) und Life Support. Die OBDH Gruppe vertieft sich in das Daten Handling von Aouda bzw. Rover. Hier geht es um Fragestellungen z. B. Wie werden die Sensordaten gespeichert? Wie können wir diese Daten vernünftig im Mission Support Center darstellen?
Lisa Sonnleithner erläuterte die Pläne für die Beschleunigungssensoren in den Handschuhen. Sie wird gemeinsam mit Michael Schober während des Innovationspraktikum im Sommer an der mechanischen Stabilität der Beschleunigungssensoren weiterentwickeln, während Stefan Hauth sich um die Gestensteuerung kümmert. Daneben stelle Egon Winter das von ihm entwickelte mobile EKG vor, welches über einen Brustgurt beim Anzugträger befestigt werden kann und über Bluetooth die Daten überträgt.
Die Life Support Gruppe beschäftigt sich zunächst mit Materialien des Anzugs. Die Außenhülle wird im Sommer neu genäht und dadurch können Anpassungen vor allem bei der Hose umgesetzt werden. Dies ist notwendig, da die Akkus anders positioniert und ein Gleitverschluss, statt einem Reißverschluss verwendet werden wird. Mögliche Verbesserungen für das TCS (Thermal Control System) wurden als weiteren wichtiger Punkt besprochen. Insbesondere trug die Rio Tinto Mission dazu bei, die Schwächen des Systems zu identifizieren. Neue Ideen um die Luftzufuhr und die Kühlung, vor allem für den Anzugtesters im unteren Beckenbereich, zu verbessern wurden gefunden und müssen in den nächsten Monaten weiterentwickelt und umgesetzt werden.
„Der zweite Tag des Workshops war sehr intensiv, es gibt so viele Schrauben an denen wir drehen können um den Anzug zu verbessern. Wichtig aus meiner Sicht ist es aber die Prioritäten festzulegen, damit wir gemeinsam in die richtige Richtung gehen“, fasst Eva Hauth (OBDH Team & Rio Tinto Feldcrew) den Samstag zusammen.
Der Sonntag Morgen begrüßt uns wieder mit perfekten Workshop Wetter. Leichter Nieselregen weckt unsere müden Geister. Im Zentrum von Bad Ischl erwartet uns bereits die aus Flipchart gefertigte „Timeline“ befüllt mit den gestern besprochenen Meilensteinen und Arbeitspaketen. Mit frischen Blick sehen wir uns die gestern erstellte Timeline an und ergänzen weitere Schritte (OBDH, Wissenschaft, Life Support …) bis Juni 2012. Die Meinungen sind unterschiedlich bis wann welche Ziele erreicht werden können. Trainingssession werden vereinbart, Pufferzeiten identifiziert, große Meilensteine festgelegt. Neben kleineren Labortests, werden wir in den Osterferien 2012 einen größeren Feldtest mit dem Anzug machen. Fernziel: große, trockene Wüste.
„Dieser Workshop war extrem wichtig, da wir nach der Rio Tinto Mission zum ersten Mal mit dem Suit Team die nächsten Schritte festlegen konnten “, resümiert Mars-Anzug Projektleiter Gernot Grömer, „jeder einzelne von uns geht mit einigen Arbeitspaketen nach Hause aber auch mit dem Fernziel im Februar 2013 eine Wüstentest in der Größenordnung von Rio Tinto durchzuführen.“
Bedanken möchten wir uns noch bei Familie Gahleitner und Familie Sams für die tolle Gastfreundschaft während der drei Tage
„Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut!“
Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch
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