2019
Neue Analog-AstronautInnen des ÖWFs nun einsatzbereit
Die neue Generation der ÖWF-Analog-AstronautInnen schloss gestern erfolgreich ihre aufwändige Ausbildung ab. Offiziell ins Analog-AstronautInnen-Corps des ÖWFs (Österreichisches Weltraum Forum) aufgenommen wurden diese acht SpezialistInnen für Mars analog Missionen bei der jährlichen Europäischen Mars Konferenz am Institute of Physics in London. Bereits im Oktober 2020 werden einige dieser internationalen ExpertInnen ihre erste Mission in der Wüste Negev, Israel, antreten.
Acht Analog-AstronautInnen des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF) haben ihre Ausbildung erfolgreich absolviert und erhielten gestern bei einer feierlichen Zeremonie am Institute of Physics, London ihr Abschlusszertifikat. Das Corps der Analog-AstronautInnen erweitert sich damit auf insgesamt 13 Mitglieder. Unter den Neuzugängen befindet sich neben dem österreichischen Physiker Robert Wild auch die deutsche Biologin Anika Mehlis. Diese ist nicht nur von der Internationalität ihrer Teammitglieder, sondern auch von der fachlichen Expertise der Analog-AstronautInnen begeistert: „Meine KollegInnen stammen aus Italien, Griechenland, Israel, den Niederlanden, Spanien, Deutschland, Portugal, dem Vereinigten Königreich und Österreich. Alle von uns eint der Antrieb, unsere fachliche Expertise während künftiger Mars-Missions-Simulationen einzusetzen.“ Denn ebenso breitgefächert wie die Herkunftsländer der Analog-AstronautInnen ist auch deren fachlicher Hintergrund. „Zu unserem Team gehören u.a. ExpertInnen aus den Bereichen Luft- und Raumfahrttechnik, Physik, Mathematik, Biologie und Medizin.“
Ihr Abschlusszertifikat erhielten die neuen Mitglieder des ÖWF-Analog-AstronautInnen Corps während der europäischen Marskonferenz, die jährlich tagt und in diesem Jahr vom 04.-06. November am Institut für Physik in London stattfindet. Organisiert wird die Konferenz von der Mars Society UK
Was ist Analogforschung?
Dazu Dr. Gernot Grömer, Administrative Director des ÖWFs: „Analogforschung testet, probiert und sucht nach Schwachpunkten, damit beim tatsächlichen Einsatz alles glatt geht. Die Ausrüstung soll dann passend zum Einsatzgebiet konzipiert, Prozeduren effizient geplant und die Menschen für ihre Aufgaben richtig trainiert sein. Das ÖWF hat sich auf die Vorbereitung zukünftiger astronautischer Expeditionen zu anderen Planeten spezialisiert. Wir suchen bei unseren Missionen nach Fehlern in Arbeitsabläufen und Geräten, damit diese nicht beispielsweise erst am Mars entdeckt werden und dort zu Problemen führen.“
Das Herzstück einer ÖWF-Mars-Missions-Simulation, also der Trockenübung für künftige Flüge von Menschen zum Roten Planeten, sind die Analog-AstronautInnen des Österreichischen Weltraum Forums. Sie bringen bereits eine große Bandbreite an Qualifikationen und Spezialisierungen mit. Ihre Grundausbildung deckt neben der Steuerung der ÖWF-Raumanzug-Prototypen auch Geologie, Planetologie, Astrobiologie, Medientraining, Stressmanagement, Notfallmedizin und ein ausgedehntes Fitnesstraining ab.
Was machen Analog-AstronautInnen?
ÖWF-Analog-AstronautInnen sind speziell ausgebildete RaumanzugtesterInnen. Sie werden nach einem umfassenden Auswahlverfahren selektiert und durchlaufen eine mehrmonatige Grundausbildung. Der Einsatz erfolgt bei technischen Tests und Mars-Missions-Simulationen. Dafür ist ein spezielles Training zu durchlaufen, um den ÖWF-Marsanzug-Prototypen tragen und steuern zu können. Die Analog-AstronautInnen werden in Analogie zu künftigen bemannten Mars-Expeditionen für vorbereitende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten eingesetzt.
Der Marsanzug-Prototyp, den die Analog-AstronautInnen bei ihren Einsätzen tragen, ist wie ein „Raumschiff zum Anziehen“. Er kann alle wesentlichen Einschränkungen eines realen Mars-Raumanzugs wiedergeben, wie etwa Gewicht, Druck-Gegenkräfte oder eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit. Ein ausgeklügeltes Mensch-Maschine-Interface, ein System von Sensoren und selbst entwickelter Software lassen den Anzug zu einem virtuellen Assistenten der Astronautin, des Astronauten werden. Der 45kg schwere Prototyp wurde entwickelt, um auch die Zusammenarbeit mit anderen (robotischen) Komponenten, wie etwa einem Rover, zu optimieren und gleichzeitig das Risiko einer biologischen Kontamination des untersuchten Planeten zu minimieren.
Internationales Team bei Mars analog Missionen im Einsatz
Dr. Gernot Grömer: „Die Mars-Missions-Simulationen des ÖWFs finden regelmäßig unter starker internationaler Beteiligung von Raumfahrtorganisationen und Forschungseinrichtungen statt. Die Analog-AstronautInnen spiegeln das wieder und kommen inzwischen aus neun Ländern.“
Ein Teil der neu ausgewählten Analog-AstronautInnen wird gemeinsam mit einigen Kollegen aus dem bestehend Corps bereits 2020 bei der nächsten Mars-Missions-Simulation in der Negev Wüste in Israel zum Einsatz kommen. Die Gegend rund um den Ramon Krater wurde auf Grund ihrer geologischen Ähnlichkeiten zum Mars ausgewählt.
Kurze Biografien der neuen Analog-AstronautInnen
Anika Mehlis (Bundesrepublik Deutschland)
Geboren 1981, absolvierte ein Diplomstudium in Biologie mit Hauptfach Mikrobiologie an der Freien Universität Berlin sowie ein Diplomstudium als Ingenieur für Umwelttechnik & Recycling an der Fachhochschule Zwickau. Parallel zum zweiten Studium war sie als chemisch-technische Assistentin in einem Umweltlabor und als Dozentin für Biologie an der Staatlichen Studienakademie Plauen tätig. Neben ihrem Promotionsstudium zum Doctor of Public Health an der Universität Bielefeld arbeitet Anika Mehlis als Teamleiterin im Bereich Infektionsschutz und Umweltmedizin im Gesundheitsamt Plauen, Deutschland. Sie hat drei Töchter. Anika Mehlis spricht fließend Englisch mit Grundkenntnissen in Französisch, Spanisch und Latein.
Adam Crellin (Vereinigtes Königreich)
Geboren 1993 in Großbritannien, absolvierte er sein BSc-Studium in Biomedizinische Wissenschaften an der Universität Newcastle, gefolgt von einem MSc in Weltraumphysiologie am King‘s College, London. Als ein starker Befürworter für astronautische britische Raumfahrtaktivitäten war er bis vor Kurzem mitbegründendes Mitglied der Human Spaceflight Capitalisation Office (HuSCO) und fungierte als nationale Kontaktstelle der Student European Low Gravity Research Association. Derzeit ist Adam Crellin Medizinstudent an der Universität Oxford sowie im British Army Reserve und arbeitet als Berater für Weltraumwissenschaften. In seiner Freizeit ist er erfahrener Taucher und Bergsteiger.
Adrianos Golemis (Griechenland)
Geboren
1987, lebt in Deutschland, stammt aus Griechenland. Ausbildung zum
Doktor der Medizin an der Aristoteles-Universität Thessaloniki,
Griechenland, Master in Weltraumstudien an der Internationalen Weltraum
Universität, Frankreich und EASA Kurse über Flugmedizin am King’s
College, London. Er nahm an einem Forschungspraktikum über zukünftige
AstronautInnen-Selektions-Kriterien für den Mars (durchgeführt von der
Europäischen Weltraumagentur ESA) teil und an einem 14-monatigen
Programm über medizinische Analogforschung in isoliertem Umfeld in der
Antarktis (Concordia Station, IPEV/ESA). Derzeit angestellt als
Flugmediziner, um die Gesundheit von AstronautInnen während ihrer
Weltraumflüge zu überwachen. Dr. Golemis spricht fließend Englisch und
Französisch, hat gute Deutschkenntnisse und Grundkenntnisse in
Italienisch.
Simone Paternostro (Italien)
Geboren 1986. Simone Paternostro absolvierte ein Bachelor-Studium in Raumfahrttechnik, hat einen Master in Weltraumtechnik, sowie den 2nd level Master in Weltraumtransportsysteme und den PhD in Vermessungswesen und Weltraumgeodäsie. Anfänglich arbeitete er als AOCS/GNC Praktikant bei EADS Astrium (heute Airbus Group), gefolgt von einer Forschungsposition im Institut für Luft- und Raumfahrttechnik, Universität Nottingham. Derzeit ist er als Multi-Inkrement Nutzlast Planer/Anforderungs-Manager im Weltraumforschungs- und Technologiezentrum (ESTEC) der ESA (Europäische Weltraumagentur) tätig, wo er Nutzlasten an Bord der ISS koordiniert. Dr. Paternostro spricht fließend Englisch und lernt gerade Deutsch.
Alon Tenzer (Israel)
BSc
in Mathematik, Computer- und Luftfahrtwissenschaften an der
Ben-Gurion-Universität der Negev und MSc in Neurowissenschaften am
Weizmann-Institut, Israel. Vormals in der Israelischen Luftwaffe tätig,
arbeitete er als Software Entwickler & Teamleiter im IAF Tech Branch
sowie als Datenwissenschaftler am Weizmann-Institut. Derzeit wirkt Alon
Tenzer als Senior Artificial IntelligenceI Engineer/Scientist, wobei er
Künstliche Intelligenz-basierte Industrieprojekte in diversen
Unternehmen in Singapur leitet.
Thomas Wijnen (Niederlande)
1986 geboren. Thomas Wijnen absolvierte sein BSc-Studium in Mathematik und Physik & Astronomie an der Universität Utrecht, Niederlande, gefolgt von einem Forschungspraktikum an der Universidad de Valparaiso, Chile und einem Masterstudium, das er mit Auszeichnung absolvierte, und dem Doktoratsstudium in Astrophysik. Er ist Hauptmann der Königlichen Niederländischen Luftwaffe und engagierte sich für das Thema Weltraumbewusstsein am Niederländischen Weltraum-Sicherheitszentrum. Derzeit forscht er an der Technischen Universität Delft in einem Projekt zur Satellitenortung und Instrumentenentwicklung. Er ist Taucher und Fallschirmspringer, spricht fließend Englisch, dazu kommen gute Kenntnisse in Spanisch und Grundkenntnisse in Französisch und Deutsch.
Robert Wild (Österreich)
1982 geboren, aus Innsbruck. Er machte seinen BSc in Physik an der Universität von Arizona und seinen PhD in Physik an der Universität von Colorado. Dr. Wilds Forschungsschwerpunkte umfassten Materiewellenbeugung, die Quantenmechanik ultrakalter Atome und Laser-basierte Messungen von Spurengasen. Derzeit arbeitet er an experimentellen Untersuchungen interstellarer Ionen als Forscher an der Universität Innsbruck. Dr. Wild hat schon zahlreiche Arbeiten publiziert, ist trainierter Wildernis-Ersthelfer, Advanced Open Water Diver (fortgeschrittener Freiwasser-Taucher), spricht fließend Englisch und hat gute Spanischkenntnisse.
Liad Yosef (Israel)
Liad Yosef stammt aus Israel. Er machte seinen Bachelor der Mathematik an der Hebräischen Universität Jerusalem und seinen Bachelor in Wirtschaft an der Tel Aviv Universität. In der Israelischen Luftwaffe diente er im Rang eines Hauptmannes. 2018 nahm er am ISU Space Studies Program teil, welches es sich zum Ziel setzt, die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Weltraumforschung zu fördern. Derzeit ist er Architekt im Unternehmen Duda. Als Analog-Astronaut nahm er bereits im Rahmen der Organisation DMars an einer simulierten Mars-Mission in Israel teil und ist aktuell an einem Studienprogramm zur Künstlichen Intelligenz in Israel beteiligt. Neben Hebräisch spricht er fließend Englisch und hat gute Spanischkenntnisse.
Über das Österreichische Weltraum Forum
Das
Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) gehört im Bereich der
Analogforschung weltweit zu den führenden Organisationen, die an der
Vorbereitung astronautischer Erforschung anderer Planeten mitarbeiten.
ExpertInnen verschiedenster Disziplinen bilden innerhalb des ÖWFs die
Basis für diese Arbeit. Gemeinsam mit nationalen und internationalen
Forschungseinrichtungen, Industrie und Unternehmen unterschiedlicher
Branchen wird hier Forschung auf höchstem Niveau betrieben. Dabei nutzt
das ÖWF seine ausgezeichneten Kontakte zu MeinungsbildnerInnen,
Politik und Medien, um österreichische Spitzenforschung und Technologie
international voranzutreiben und bekanntzumachen. Das Österreichische
Weltraum Forum ist zudem einer der wichtigsten Bildungsträger in
Österreich, wenn es um Raumfahrt und darum geht, junge Menschen für
Wissenschaft und Technik zu begeistern sowie ihnen einen Zugang zu
dieser Branche zu ermöglichen. Neben der Betreuung von universitären
Arbeiten bietet das ÖWF auch immer wieder Studierenden und SchülerInnen
die Möglichkeit, im Rahmen von Praktika ihr Wissen zu erweitern. www.oewf.org
Medienkontakt:
Mag. Monika Fischer
Media Officer
Austrian Space Forum
Tel: +43 699 1213 4610
Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch
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