2011
Tag 9: Karsamstag
Es war bereits die zweite Nacht, die wir nach Rio Tinto in einem Hotel verbracht haben und dennoch wähne ich mich immer noch in einem Zelt wenn ich nachts aufwache. Unser „Camping-Ausflug“ hat mich offenbar nachhaltig beeindruckt.
Aber wir sind bereits auf dem Weg zurück ins normale Leben. Im Autoradio laufen internationale Hits und am Fenster ziehen endlose Wein- und Obstplantagen vorbei, riesige Windparks und überdimensionale Solaranlagen. Mittags halten wir bei Zaragoza und nutzen die Essenspause für ein internes Debriefing bevor es weitergeht.
950 km legen wir heute zurück bis wir wieder in Perpignan ankommen, wo wir auch schon auf der Hinreise Station gemacht hatten. Leider haben wir Pech mit dem Abendessen, der einzige Snack-Stand weit und breit schließt gerade als wir dort ankommen. Niemand will mehr den Gaskocher für ein Dosengulasch anwerfen. Also machen wir uns notgedrungen noch einmal über unsere Jausenreste her – einige von uns zumindest, andere spekulieren schon eher mit Hungerstreik angesichts der üblichen Trockenwurst-Rationen…
Tag 10: Feiertage
Gegen 9 Uhr starten wir in Perpignan nach einem ordentlichem französischen Frühstück. Das haben wir nötig, denn das Ziel für heute ist Brescia, die zweitgrößte Stadt der Lombardei. Der Zwischenstopp dort ist unserer würdig – Francesco Lana Terzi hat hier immerhin bereits im 17. Jahrhundert ein Luftschiff entworfen. Auch eine Art Raumfahrt-Pionier also.
Unterwegs werden an einer Mautstation zwei Damen vom Zoll auf uns aufmerksam. Sie umkreisen die Transporter misstrauisch, lassen unseren Konvoi dann aber unkontrolliert passieren. Entweder war die Geschichte über einen Raumanzug in einer spanischen Halbwüste doch etwas zu abenteuerlich oder wir wirken einfach so seriös ;-)
Wie haben wir uns auf eine original italienische Pizza und ein Tiramisu als Nachspeise gefreut. Leider vergeblich, denn auch hier ist der Ostersonntag verständlicherweise heilig. Der einzige Ort in der Nähe unseres Hotels, wo es heute noch was zu Essen gibt, ist ein Bierzelt, in dem der örtliche Fußballklub gerade sein 100jähriges Bestehen feiert. Mit Hilfe eines Taxis kommen wir danach zumindest noch zu Rotwein und Cocktails – wir haben schließlich auch was zu feiern!
Ankunft Ostermontag: Back home!
Nach einem zeitigen Frühstück geht es bereits um 7:30 Uhr weiter in Richtung „Brennero“, wie die Strassenschilder pathetisch verkünden. Bald haben wir es geschafft, es war ein weiter Weg. Für die Statistik: Zwischen Rio Tinto und Innsbruck liegen ziemlich genau 150 Tunnel!
Gegen halb 11 Uhr vormittags überqueren wir die letzte Grenze. Wir sind wieder auf heimatlichem Boden und immer noch pflastern wir die Autobahn mit Sandproben aus unserem Experimentiergebiet, die sich bei diversen Bodenwellen von den Radkästen der Fahrzeuge lösen.
Als wir schließlich im Konvoi in die Einfahrt der Innsbrucker Rettung einbiegen, bietet sich uns ein unerwarteter Anblick: Eine ganze Riege von MCC-Mitarbeitern begrüßt uns mit Plakaten und empfängt uns feierlich. Wir haben gar nicht damit gerechnet, dass am Ostermontag, immerhin ein Feiertag, noch so viele hier auf uns warten. Entsprechend gerührt sind wir von dem stilvollen Empfang. Unsere Kollegen haben sich vorbildlich auf unsere Ankunft vorbereitet – wir durchlaufen ein durchdachtes „Dekontaminationsprogramm“ ;-) an dessen Ende wir mit Sekt und Marskuchen die gelungene Mission feiern und auch noch liebevoll gefüllte Osternester geschenkt bekommen.
Nach einem gemeinsamen Debriefing in der Lounge unseres bereits wieder demontierten Missionskontrollzentrums und einem umfangreichen Mittagessen wird endlich ausgepackt. Staunende MCC-Mitarbeiter zerren sandverkrustete Gegenstände aus den Transportern und spritzen sie erstmal gründlich ab, damit erkennbar, um was es sich handelt. Während die einen noch ihre sieben Sachen zusammensuchen, versuchen die anderen zum Klang der Tetris-Melodie ihre Habseligkeiten im eigenen Auto so zu verstauen, dass auch die Passagiere noch reinpassen.
Der wissenschaftliche Teil der Mission fängt jetzt erst richtig an, aber das Abenteuer Rio Tinto ist zu Ende und damit die größte, komplexeste Mars-Analog Feldexpedition, die bisher in Europa durchgeführt wurde. Wir sind stolz, dabei gewesen zu sein und wir haben einiges dazu gelernt. Unter anderem:
- Französische Maut-Automaten verschlucken bevorzugt österreichische Kreditkarten.
- Wer die Landessprache nicht spricht, sollte im Restaurant nicht per Zufallsauswahl bestelle
- Zeit ist relativ (und in Südeuropa noch etwas relativer).
- Sogar in einer Wüste kann es ziemlich feucht werden (nicht nur statistisch betrachtet).
- 50 % der Wettervorhersagen sind nur teilweise richtig. Die andere Hälfte ist komplett falsch.
- Wer während der Regenzeit in Rio Tinto mit sauberen Schuhen auftaucht, ist verdächtig.
- Töpfe bekommt man auch mit Duschgel sauber.
- Löffel im Besteck sind optional.
- Gegen mehlig-feinen Sand hilft: Genau genommen gar nichts.
- Ohne Seife kann man überleben – ohne Kaffee nicht.
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