2015
Traditionell verleiht das ÖWF im Rahmen der Yuris Night den Polarsternpreis an Menschen, die für Weltraum begeistern. Heuer wurde der Preis von ÖWF Obmann Dr. Gernot Grömer bei der Yuris Night am 12. April 2015 in der Urania Sternwarte an Em. Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner für sein herausragendes Engagement überreicht.
„Christian Brünner hat das Weltraumrecht in Österreich verankert. Über ein Jahrzehnt lang war er es, der diesem besonderen Gebiet nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine Adresse gegeben hat. Und der die Flamme der Begeisterung am Weltraumrecht in Österreich an Studenten wie die interessierte Öffentlichkeit gleichermaßen weitergegeben hat. Das wichtigste aber: Christian Brünner hat das nicht als Teil seiner beruflichen Pflichtaufgaben getan. Er sah und sieht dies als eine Fleißaufgabe, die er mit Ernst, Professionalität und – Berufung – angeht.“
erklärt Mag. Alexander Soucek in der Laudatio eine der Gründe für die Auszeichnung.
Wir haben den frischgebackenen Preisträger kurz vor der Verleihung über seinen Werdegang interviewt.
ÖWF: Herr Dr. Brünner, Sie sind emeritierter Universitätsprofessor für öffentliches Recht, wie kamen Sie zum Weltraumrecht?
Meine Forschungsschwerpunkte waren Kulturverwaltungsrecht (Bildung, Schule, Hochschule), Bildungs- und Wissenschaftspolitik, Hochschulmanagement, Politische Planung, Verwaltungslehre/New Public Management, (Finanz-) Kontrolle, Parlamentarismus/Parlamentsrecht sowie religiöse und ethnische Minderheiten.
Mit Weltraumrecht und Weltraumpolitik beschäftige ich mich seit 15 Jahren. In den Weltraum „stolperte“ ich hinein. „Kontakt“ mit dem Weltraum hatte ich schon vorher: Als Wissenschaftssprecher der ÖVP im Parlament konnte ich den Start der SOJUS-Rakete in Baikonour, mit der Franz Viehböck zur Raumstation MIR flog, beobachten.
Der Chairman des European Centre for Space Law (ECSL) und langjährige Legal Advisor der ESA, Herr Dr. Gabriel Lafferanderie, hat sich längere Zeit bemüht, auch in Österreich einen National Point of Contact (NPOC) des ECSL zu gründen. Diese Bemühungen sind auf österreichischer Seite insbesondere von Frau Ministerialrat Mag. Eva-Maria Schmitzer, damals Leiterin der Abteilung Weltraumforschung im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) unterstützt worden. Ein wichtiger Anstoß für eine solche Gründung kam vom DI Leopold Summerer, der einen Bericht über die Vermittlung österreichischer Expertise im Weltraumrecht verfasst hat. Nach etlichen Gesprächen mit Herrn Lafferanderie und Frau Schmitzer war ich bereit, den NPOC Austria des ECSL im Frühjahr 2001 zu errichten und fortan zu betreiben; dies mit finanzieller Unterstützung des BMVIT. Das war mein Einstieg in das Weltraumrecht.
ÖWF: Was war Ihr primäres Motiv für dieses Engagement?
Ich hatte damals kaum Kenntnisse vom Weltraumrecht. Primäres Motiv meines Einstiegs war es, Studierenden ein faszinierendes Rechtsgebiet näher zu bringen und ihnen ein interessantes Berufsfeld zu eröffnen.
ÖWF: Sie verwenden seit 15 Jahren Zeit, um das Weltraumrecht in Österreich zu verankern. Wie haben wir uns das vorzustellen?
Die Liste meiner Aktivitäten im Bereich des Weltraumrechts und der Weltraumpolitik ist lang und vielfältig. Ich habe
- Symposien organisiert, eines zum Thema „National Space Law“, mit dem ich einen ersten Anstoß zur Ausarbeitung eines österreichischen Weltraumrechtsgesetzes geben konnte;
- die 13. Sommerschule für Weltraumrecht und Weltraumpolitik des ECSL an der Universität Graz organisiert;
- Diplomarbeiten betreut, die auch aktuellen Themen, wie z.B. Small Satellite Missions (verfasst von Anita Rinner) gewidmet waren;
- Publikationen verfasst sowie
- Vorträge gehalten und Poster entworfen.
Erfreuliches Ergebnis einer Vorsprache beim damaligen Leiter des Völkerrechtsbüros im Außenministerium, Herrn Botschafter Dr. Hans Winkler war, dass seit 2002 Studierende als Teil der österreichischen Delegation an den Sitzungen des Legal Subcommittee des UN Committee on the Peaceful Uses of Outer Space teilnehmen können.
Seit 2004 halte ich einmal im Studienjahr ein 4-stündiges Seminar „Space Law and Space Policy“ ab, dies gemeinsam mit Herrn Mag. Alexander Soucek, der auch für den vom NPOC herausgegebenen Newsletter verantwortlich zeichnete und in der Folge mein Stellvertreter im NPOC wurde, sowie gemeinsam mit Mag. Anita Rinner, Hannes Mayer und Assoc. Prof. Dr. Yvonne Karimi-Schmidt.
Ein großes Forschungsprojekt befasste sich mit „Outer Space in Society, Politics and Law“. Es führte zu einer gemeinsam mit Alexander Soucek herausgegebenen umfangreichen gleichnamigen Publikation im Springer Verlag.
Mein Ziel war und ist es, Weltraumrecht nicht nur an der Universität Graz, sondern auch an anderen Universitäten zu etablieren. Ich habe daher Subpoints des NPOC in Linz, Salzburg, Innsbruck und Wien gegründet.
ÖWF: Sie fördern junge Leute, unterstützen Grazer Studenten privat, damit sie sich z. B. einen Flug zu einem Weltraum-Symposion leisten können, warum tun Sie dies? Was treibt Sie an?
Kern meines Selbstverständnisses als Universitätslehrer ist es, Studierende zu fordern und zu fördern. Ich freue mich über das Interesse und das Engagement junger Leute in Sachen Weltraum. Sie nehmen an der oben genannten Lehrveranstaltung – obwohl nicht Pflichtfach – engagiert teil und fahren zu den jährlich veranstalteten Summer Schools des ECSL (seit 2001 rund 70 Studierende aus Österreich) sowie zu den Sitzungen des Legal Subcommittee. Ich freue mich zu sehen, dass manche von ihnen zu Expertinnen und Experten des Weltraumrechts heranwachsen und in der Weltraum-Community verankert sind.
Jüngstes Produkt unserer Grazer Aktivitäten ist ein Lehrbuch Weltraumrecht, bestehend aus einem Textbook von Alexander Soucek und einem Casebook von Anita Rinner, Hannes Mayer, Yvonne Karimi-Schmidt und mir. Ziel ist es, Studierenden der Rechtswissenschaften und anderer Studien(ein)richtungen eine kompakte und fallorientierte Einführung in das Weltraumrecht zu bieten.
ÖWF: Welche Wünsche und Träume haben Sie für die Zukunft?
- Um das Zentrum Weltraumrecht an der Universität Graz weiter betreiben zu können, brauche ich Drittmittel. Ich suche daher nach Sponsoren.
- Ich möchte Studierende und Young Professionals, die schon jetzt in der Weltraumszene tätig sind, weiter fördern können.
- Es sollten Anstrengungen unternommen werden, dass an allen Rechtsfakultäten in Österreich weltraumrechtliche Lehrveranstaltungen stattfinden können.
Vielen Dank, Herr Dr. Brünner!
Das Interview führte Marlen Raab, ÖWF Redaktion.
- Tagged:Interview, Menschen, Polarsternpreis, Weltraumrecht
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