2017
Mein Praktikum als Weltraumschneider
Von Emil Baumann
Was macht ein Modenschüler beim ÖWF, das werden sich einige von euch fragen. Doch bevor über mein Arbeiten an unseren beiden Anzügen berichte, möchte ich mich gerne kurz vorstellen, und berichten, wie ich zu diesem Praktikum gekommen bin.
Im Juli habe ich, Emil Baumann, 17 Jahre alt, die 2. Klasse der Modenschule (Ferrarischule Innsbruck) mit dem Schwerpunkt Mode- und Bekleidungstechnik abgeschlossen. Seit ich klein bin, interessiere ich mich für alles rund um das Thema bemannte Raumfahrt. Die letzten 2 Jahre hat Sarah Würtl, die ebenfalls die Modeschule besucht, beim ÖWF als Praktikantin gearbeitet. Durch sie bin ich auf die Idee gekommen, beim ÖWF mein Praktikum zu machen und habe mich beworben.
Sehr gespannt und auch ein bisschen nervös bin ich vor zwei Wochen zur Arbeit gekommen. Die Nervosität ist nach einigen Minuten verflogen, als ich meinen interessanten Aufgabenbereich kennengelernt habe. Nach einer Führung durch das Raumanzugslabor habe ich mit meiner ersten Aufgabe, mich um ein neues Tragesystem der beiden Anzüge zu kümmern, begonnen. Unsere Analog-Astronauten haben ein Gewicht von ca. 50 kg auf den Schultern, deswegen ist es wichtig, ein gutes und schonendes Tragesystem zu verwenden. Nach einiger Recherche habe ich mich mit Spezial-Firmen, die Schwerlast-Tragesysteme entwickeln, in Verbindung gesetzt, da durchschnittliche Rucksäcke bis maximal 20 kg ausgelegt sind. Während ich auf die Antworten der Firmen wartete, begann ich mit meiner zweiten großen Aufgabe: die Handschuhe weiter zu entwickeln. Damit die Astronauten im Feld ein besseres Gefühl beim Greifen haben und kleine oder filigrane Teile leichter greifen können, habe ich genoppte Gummi-Fingerhüte auf einen Prototyp genäht. Anschließend habe ich den Hohlraum zwischen Handschuh und Gummi-Fingerkuppen mit Silikon gefüllt.
Beim Gespräch mit einem unserem Analog-Astronauten sind wir auf die Idee gekommen, ein System zu entwickeln, mit den man durch den Handschuh ein Handy oder Tablet bedienen kann. Nach einigen Überlegungen und Versuchen habe ich auf einem eigens für diesen Zweck gebauten Webrahmen eine leitfähigen Faden gewebt. Dieses Gewebe habe ich auf alle Handschuh Schichten aufgebracht. Jetzt kann man durch drei Handschuhe einen Touchscreen bedienen.
Meine neu entwickelten Handschuhe werden gerade von unseren Analog-Astronautinnen Carmen Köhler im Rahmen der Testkampagne 17B im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) in Köln getestet und genau unter die Lupe genommen.
In den ersten zwei Wochen meines Praktikums viele spannende Gespräche mit Experten geführt. Es ist mir ein Ehre, an den beiden Mars-Simulations-Anzügen mitzuarbeiten. Ich habe bis jetzt schon sehr viel gelernt, zum Beispiel, wie man mit Spezialtextilen umgeht und ich kann jedem nur empfehlen, wenn man die Möglichkeit hat, an so einem Projekt mitzuwirken, die Chance zu nützen.
Von der Skizze zum Mars
Von Marco Grissemann
Zur Halbzeit meines vierwöchigen Praktikums möchte ich in diesem Blogeintrag über meine bisherigen Erlebnisse beim ÖWF berichten. Mein Name ist Marco Grissemann, ich komme aus Strengen, das liegt in der Nähe von Landeck, und absolviere gerade die vierte Klasse der HTL für Maschinenbau in Fulpmes.
Da die Matura und somit auch die Diplomarbeit immer näher rückt und es schwerer ist als man denkt, ein passendes Diplomarbeitsthema zu finden, berichtete mir und meinem Schulkollegen Manuel Pirschner, ein Lehrer von der Möglichkeit etwas für den ÖWF zu konstruieren. Durch die Kontaktaufnahme mit Benjamin Knaus, einem Mitglied des ÖWF und Absolventen der HTL Fulpmes, haben wir genaueres über das Thema erfahren. Nach weiteren Besprechungen haben wir dann die Diplomarbeit innerhalb eines Praktikums begonnen. Der Schwerpunkt unserer Aufgabe liegt darin, den bestehenden Raumanzugssimulatoren (Aouda.X und Aouda.S) so umzukonstruieren, dass der Analog-Astronaut, kurz AA, von hinten durch eine Öffnung im HUT (Hard Upper Torso) in den Anzug einsteigen kann, auch „Rear Entry“ genannt. Dadurch entsteht das Problem, dass der PLSS (Portable Life Support System), der bisher an der Rückseite des HUTs befestigt war, den Einstieg blockiert. Die beste Lösungsmöglichkeit ist, den PLSS nach unten klappbar zu machen, damit der Analog Astronaut am einfachsten einsteigen kann. Nach langen Überlegungen über das genaue Design und vielen dazugehörigen Skizzen begannen wir mit der Konstruktion am Computer. Auch lange Recherchen über passende Scharniere, Schließmechanismen, Hebel, Seilzüge und Werkstoffe sowie Firmenanfragen gehören zu unserer Aufgabe. Weiteres mussten wir komplizierte Berechnungen zur Biegung, Abscherung und Flächenpressung durchführen. Auch mit Rückschlägen muss gerechnet werden, wie beispielsweise das Problem vor einigen Tagen, als wir bemerkten, dass das Grundkonzept nicht funktionierte wie geplant und wir fast von vorne anfangen mussten.
Beim neu entwickelten System ist es für den Analogen-Astronauten möglich, über die Rückseite des Anzuges einzusteigen und muss diesen nicht wie einen Overall überziehen. Die Vorteile dabei sind, dass sich der Analog-Astronaut selbst den Anzug anziehen kann und nicht wie bisher mehrere Helfer dafür benötigt. Außerdem sollte das Anziehen wesentlich schneller ablaufen sowie zukünftig durch direktes Befestigen des Anzugs an der Außenseite eines Mars Rovers oder Mars-Habitat (sogenannte Suit-Ports), direkt ohne Schleuse ins Freie gelangen. Auch die Wartung des PLSS wird erleichtert, indem der Anzug komplett aufgeklappt wird, um in einer waagrechten Position leichter an die einzelnen Bauteile zu gelangen. Allerdings ergeben sich auch Probleme, unter anderem wird durch die Einstiegsöffnung im HUT die Festigkeit des gesamten Anzuges stark verringert, weshalb zusätzliche Verstärkungen angebracht werden müssen. Auch der PLSS muss stärker ausgelegt werden, da er beim Einsteigen des Analog Astronaut mit dessen Gewicht belastet wird.
Im Allgemeinen bin ich froh, dass sich die Chance ergeben hat, bei diesem Projekt mitwirken zu dürfen und ich hoffe, dass vielleicht einmal eine meiner Entwicklungen bei einer tatsächlichen Marsexpedition Anwendung findet. Ich kann das Praktikum beim ÖWF für alle weiterempfehlen, die sich für den Weltraum interessieren und neue Erfahrungen sammeln wollen.
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