2018
BepiColombo – Mission zum Götterboten
BepiColombo – Auf Kurs zum Merkur
Am 20. Oktober 2018 um 03:45 Uhr MESZ ist die europäisch-japanische Raummission „BepiColombo“ an Bord einer Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana ins Weltall gestartet. Ziel der Mission ist die Erforschung des innersten Planeten unseres Sonnensystems, nämlich des Merkurs. Die Mission besteht aus den 2 Raumsonden „Mercury Planetary Orbiter (MPO)“ und „Mercury Magnetospheric Orbiter (MMO)“, die nun ihre siebenjährige Reise zum Merkur antreten. Während der Reise vollführt die Sonde mehrere so genannte „Swing-By-Manöver“ an Erde und Venus und sogar sechs am Merkur selbst, bevor sie am Zielplaneten in eine Umlaufbahn gelenkt wird. Bei Swing-By-Manövern nutzt das Raumfahrzeug die Anziehungskraft der Himmelskörper, um Geschwindigkeit für den weiteren Weg durchs All aufzunehmen, oder aber auch, um abzubremsen. Damit eine Umlaufbahn erreicht wird, muss die Sonde ihre Geschwindigkeit nicht nur am Merkur stark reduzieren, sondern auch der enormen Anziehungskraft der Sonne entgegenwirken. MERTIS wird bereits bei den Swing-Bys an der Erde und der Venus Messungen durchführen. Am Merkur angekommen wird BepiColombo rund ein Jahr lang Daten sammeln, wobei MPO die Oberfläche und die Zusammensetzung des Planeten und MMO die Magnetosphäre erforschen wird. Weitere Ziele der Mission sind die Erforschung des Sonnenwindes, des inneren Aufbaus und des planetaren Umfeldes von Merkur sowie dessen Wechselwirkungen mit der sonnennahen Umgebung. Die Wissenschaftler der Mission erhoffen sich darüber hinaus neue Erkenntnisse zur Entstehung des gesamten Sonnensystems. Beide Sonden werden sich während des Fluges an Bord des „Mercury Composite Spacecraft (MCS)“ befinden, das diese mit Energie versorgt und sie mit Hilfe eines speziellen Schutzschildes, der „MMO Sunshield and Interface Structure (MOSIF)“, vor den extremen Temperaturen zwischen 430 Grad Celsius auf der Tagseite und minus 180 Grad Celsius auf der Nachtseite des Merkurs schützt.
Um ihre Mission erfüllen zu können, sind die Sonden mit 16 hochsensiblen Instrumenten, die von verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen beigesteuert wurden, ausgestattet. Auch österreichisches Know-how ist mit an Bord. So ist das Institut für Weltraumwissenschaften (IWF) der Österreichischen Akademie für Wissenschaften an den Magnetometern „MERAG-M“ und „MERAG-P“ beteiligt. Bei dem Magnetometer auf dem japanischen Orbiter hat das IWF die Federführung. Im Mittelpunkt der Untersuchungen werden das von der amerikanischen Mariner-Sonde überraschend entdeckte planetare Magnetfeld und dessen dynamische Wechselwirkung mit dem dort noch sehr jungen und starken Sonnenwind stehen. Weiters ist das IWF an den PICAM-Sensoren beteiligt, die sich an Bord des MPO befinden.
Deutschland steuerte das „BELA (BepiColombo Laser Altimeter)“, das „MPO-MAG (MPO Magnetometer)“ und „MERTIS (Mercury Radiometer and Thermal Infrared Spectrometer)“ zur Mission bei. MERTIS ist ein bildgebendes Infrarot-Spektrometer und Radiometer mit zwei ungekühlten Strahlungssensoren, die für Wellenlängen zwischen 7 und 40 Mikrometern empfindlich sind. Im Orbit angekommen, wird MERTIS an Bord von MPO die Oberfläche und das Planeteninnere des Merkur untersuchen. Mit einer räumlichen Auflösung von 500 Metern identifiziert es im mittleren Infrarotbereich gesteinsbildende Minerale auf der Oberfläche. Das Laseraltimeter BELA liefert Informationen über die globale Form, Rotation und Topographie des sonnennächsten Planeten. Pro Sekunde sendet es zehn Laserpulse Richtung Merkur und empfängt im Bruchteil einer Sekunde das von der Oberfläche reflektierte Signal. Je höher ein Landschaftspunkt gelegen ist, um so kürzer ist die Zeit, die der Laserimpuls für den Weg zur Oberfläche und von dort zum Sensor in BELA benötigt. Aus der Laufzeit von Millionen von Laserpulsen wird im Missionsverlauf ein 3D-Modell der gesamten Oberfläche Merkurs entstehen. Das MPO-MAG ist ein hochauflösendes digitales Magnetometer. Wie bereits die Sonde Mariner 10 entdeckt hat, umgibt den Merkur ein Magnetfeld mit einer Stärke, die ein Prozent der Stärke des Erdmagnetfelds entspricht. Bei MPO-MAG werden auf einem Ausleger des MPO zwei Sensoren eingesetzt, die der Erforschung des Eigenmagnetfelds des Merkurs dienen. Ziel ist auch die Erforschung der inneren Struktur des Merkurs.
Merkur – der Götterbote
Mit 4878 Kilometern Durchmesser, und damit nur ein wenig größer als der Mond, ist Merkur nicht nur der kleinste Planet, sondern auch der am wenigsten erforschte der erdähnlichen Planeten in unserem Sonnensystem. Das liegt vor allem daran, dass er unmittelbarer Nachbar der Sonne ist: Deren Einstrahlung ist dort mehr als sechsmal höher als auf der Erde und erhitzt die Oberfläche auf Temperaturen von bis zu 430 Grad Celsius am Tage, während es nachts auf bis zu minus 180 Grad Celsius abkühlt. In der Vergangenheit wurde der Merkur erst von zwei Sonden erforscht: 1974 und 1975 vollführte die NASA-Sonde Mariner 10 drei Vorbeiflüge am Merkur und zwischen 2011 und 2015 untersuchte die NASA-Sonde MESSENGER bei drei Vorbeiflügen und aus einer Umlaufbahn mit Annäherungen über der Nordhalbkugel heraus unseren Nachbarplaneten. BepiColombo wird die Mission MESSENGER ideal ergänzen, indem nun auch die südliche Hemisphäre genau erfasst werden kann. Zugleich werden auch völlig neuartige Untersuchungen durchgeführt. So gab es auf MESSENGER kein Instrument, das den Planeten im mittleren Infrarotbereich beobachtet hat. MERTIS wird hier einen völlig neuartigen Datensatz liefern.
Europäisch-japanische Zusammenarbeit
Die Gesamtleitung der Mission liegt bei der Europäischen Weltraumagentur ESA, die auch für Entwicklung und Bau des Mercury Planetary Orbiter zuständig war. Der Mercury Magnetospheric Orbiter wurde von der japanischen Raumfahrtagentur JAXA beigesteuert. Anhand dieser ehrgeizigen, wissenschaftlichen Mission zeigt sich, wie wichtig internationale Kooperation ist.
BepiColombo-Start:
http://m.esa.int/spaceinvideos/Videos/2018/10/BepiColombo_launch_replay
Autor: Hubert Untersteiner (ÖWF)
- Tagged:BepiColombo, ESA, JAXA, Merkur
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