2019
Lunar Orbital Gateway
Das Tor zum Mond und darüber hinaus
Geht es nach den Plänen der NASA wird die Menschheit bald über die Internationale Raumstation ISS hinaus in den Weltraum vordringen. Das Ablaufdatum der ISS, die mittlerweile weit mehr als die Hälfte ihrer geplanten Lebenszeit hinter sich, ist nämlich absehbar. Das nächst Ziel ist der Mond. 50 Jahre nach Apollo 11 ist unser Erdtrabant wieder en vogue und rückt in das Interesse der Wissenschaft und Politik.
Bald schon soll eine neue Generation von Mond-Astronauten dort weitermachen, wo die alten Helden der Apollo-Missionen aufgehört haben. Anders als bei den Apollo-Missionen werden es diesmal nicht nur Kurzzeitmissionen zum Mond sein, sondern es ist eine dauerhafte Präsenz geplant. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, plant die NASA, in den 2020er Jahren einen lunaren „Gateway“ zu errichten – eine Raumstation in der Mondumlaufbahn, mit der eine dauerhafte strategische Präsenz der Menschen im cislunaren Raum sichergestellt werden soll. Mit dem Fachbegriff „cislunar“ beschreiben Astronomen das gemeinsame Schwerefeld von Mond und Erde. Das Lunar Orbital Platform-Gateway, wie die Orbitalstation genannt wird, soll laut NASA als eine Art Tor fungieren, das als Ausgangspunkt für Exkursionen zur Mondoberfläche und vielleicht auch irgendwann für Flüge zum Mars dient. Doch das sind noch Zukunftsvisionen, denn zunächst wird das Gateway eine Forschungsstation ähnlich der ISS sein, die aber vielfach kleiner und nur an drei Monaten im Jahr bemannt sein soll.
„Dieser Gateway wird uns eine strategische Präsenz im cislunaren Raum geben und uns helfen, den Mond und seine Ressourcen zu erkunden“.
William Gerstenmaier (NASA)
Aufbau des Gateway
Das Lunar Orbital Platform-Gateway soll ähnlich wie die ISS modular aufgebaut sein und nach und nach ergänzt werden. Den Transport der Bauteile sollen das Space Launch System (SLS) gekoppelt mit dem Orion-Raumschiff der NASA übernehmen. Der erste Start dieses noch im Test befindlichen Systems ist für 2020 geplant. Geht alles glatt, könnte bereits 2022 das zentrale Antriebs- und Versorgungselement der Station zum Mondorbit gebracht werden. 2024 soll dann ein erstes Habitat- und Labormodul für Astronauten folgen. Ab dann könnten Besatzungsmitglieder jeweils für einem Turnus von 30 oder 60 Tagen auf dieser Station leben und arbeiten.
Politik
Der amtierende US-Präsident Donald Trump hat Ende 2017 die erste Weltraumdirektive ratifiziert. Damit hat er für die NASA den Weg für die Umsetzung dieses ehrgeizigen Projektes frei gemacht. Beginnend mit Missionen im niedrigen Erdorbit werden die Vereinigten Staaten die Rückkehr von Menschen zum Mond zu Langzeit-Erkundungen und Nutzung anführen. Bemannte Missionen zum Mars und anderen Zielen würden folgen, heißt es in dem Papier weiter. Auch das National Space Council, das sein Vize Mike Pence nach nahezu drei Jahrzehnten Ruhezeit wieder einberufen hat, unterstützt das Projekt.
Zeitplan
Ab 2024 soll der neue Außenposten in einer lang gestreckten Bahn den Mond umkreisen und bis zu vier Personen Platz bieten. Während ihrer Aufenthalte muss die Besatzung dann lernen, im erdfernen Weltraum zu arbeiten – also dort, wo sie sich nicht schnell mit einer Kapsel auf die Erde flüchten kann, wenn es mal brenzlig wird.
Da die Gateway-Station nicht dauerhaft bewohnt sein wird, wird sie quasi als robotisches Labor eine Reihe automatisch ablaufender Experimente beherbergen. Für zukünftige Missionen in den Deep Space wollen Wissenschaftlerinnen vor allem die dortige Strahlenbelastung erforschen.
Im Rahmen dieses Projektes müssen noch kostenintensive Entwicklungen gemacht werden, denn es existieren längst noch nicht alle notwendigen Systeme. Zwar sind die Super-Rakete SLS und das Raumschiff Orion, welche die Astronautinnen zum Mond und zurück transportieren sollen, fast fertig, aber es fehlt noch eine Mondfähre, um auf dem Erdtrabanten zu landen, und auch die Mondmobile gibt es derzeit nur als Zeichnungen.
Für den Weg von der Orbitalstation zur Mondoberfläche will die NASA auch private Unternehmen mit ins Boot holen. Ende 2018 lancierte sie dafür eine Ausschreibung im Rahmen des NextSTEP-Programms, an der sich sechs Unternehmen beteiligen. Aufgabe ist es, ein System zu entwickeln, dass den Transfer zur Mondoberfläche, die Landung und die sichere Rückkehr zur Orbitalstation ermöglicht.
Eine der Vorgaben für die künftigen Landemodule ist, dass sie wiederverwendbar sein sollen. Während bei den Apollo-Landemodulen der gesamte Unterbau auf dem Mond zurückgelassen wurde, sollen die künftigen Lander komplett wiederaufsteigen können. Neuen Treibstoff erhalten sie dann entweder auf der Oberfläche oder im Orbit.
Wenn wir im nächsten Jahrzehnt wieder Astronauten auf die Oberfläche des Mondes schicken, dann soll dies auf nachhaltige Weise geschehen“. NASA-Administrator Jim Bridenstine.
Internationale Kooperation
Die NASA hat für das Lunar Gateway-Projekt Kanada an Bord geholt und damit seine erste internationale Partnerschaft gesichert. Kanada verpflichtete sich, einen intelligenten Roboterarm „Canadarm3“ zur Reparatur und Wartung des Gateways beizusteuern, kündigte der kanadische Premierminister Justin Trudeau am 28. Februar bei einer Veranstaltung an, an der mehrere Minister und Astronauten teilnahmen. Kanada hat im Bereich Roboterarme eine große ingenieurwissenschaftliche Expertise. Der Canadarm3 wird einen Hauptarm für groß angelegte Reparaturen und Weltraumspaziergänge beinhalten, ähnlich wie der an Bord der ISS befindliche „Canadarm2“, und einen kleineren Arm, der geschicktere Roboteraufgaben ausführen wird, ähnlich wie der kanadische Dextre-Roboter „Handyman“ auf der ISS. Canadarm3 wird in der Lage sein, autonom zu arbeiten und damit sicherzustellen, dass der Betrieb am Lunar Orbital Platform-Gateway vollautomatisiert fortgesetzt werden kann, auch wenn keine Menschen an Bord sind.
Um seinen Verpflichtungen nachzukommen, wird Kanada in den nächsten 24 Jahren 2,05 Milliarden kanadische Dollar (1,56 Milliarden Dollar) für dieses Projekt ausgeben. Dazu gehören die Entwicklung und der Betrieb von Canadarm3 sowie ein Lunar Exploration Acceleration Program zur Förderung kleiner und mittlerer kanadischer Unternehmen bei der Entwicklung von Mondtechnologien in den Bereichen Robotik, künstliche Intelligenz und Gesundheit.
„Es wird wirklich die nächste Phase unserer Erforschung im Weltraum sein. Für Kanada ist es von enormer Bedeutung, diesen nächsten Schritt in der Weltraumforschung zu gehen“.
Marc Garneau (Canadian Astronaut)
Autor: Hubert Untersteiner (ÖWF)
- Tagged:Lunar Orbital Gateway, Mond, NASA
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