2019
BIOlogy and Mars EXperiment (BIOMEX)
Unser wunderschöner Heimatplanet, die Erde, ist die Heimat für eine Vielzahl von Organismen und bisher auch der einzige Planet, von dem wir wissen, dass er Leben trägt. Doch wie sieht es mit den anderen Himmelskörpern (Planeten und Monden) in unserem Sonnensystem aus? Gibt es auch dort Leben? Wir wissen es noch nicht, aber die astrobiologische Forschung konzentriert sich darauf, diese Fragen zu klären. Und die Chancen stehen gut, dass wir diese Fragen in den nächsten Dekaden mit unseren bereits entwickelten Forschungstechnologien klären können.
BIOlogy and Mars EXperiment (BIOMEX)
Im Rahmen des Forschungsprojektes „BIOlogy and Mars EXperiment (BIOMEX)“, das von 2014 bis 2016 auf der Internationalen Raumstation ISS durchgeführt wurde und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) koordiniert wird, konzentriert man sich auf die Frage, ob auf dem Mars irdische Organismen, also Organismen, die von der Erde stammen, überleben könnten. Der Mars ist für die Wissenschaftler deshalb so interessant, weil er viele Gemeinsamkeiten mit der Erde aufweist. In seiner geologischen Vergangenheit war das Marsklima durchaus moderat und lebensfreundlich und es gab auch große Mengen an Oberflächenwasser. Heute sind die Bedingungen auf dem Mars allerdings extrem und es ist daher ungewiss, ob Lebewesen unter solchen Bedingungen existieren können. Der Mars besitzt nur eine dünne Atmosphäre, wodurch der Atmosphärendruck sehr niedrig ist und sich Wasser nicht in flüssiger Form auf seiner Oberfläche halten kann. Durch seine dünne Atmosphäre kann der Mars auch nur wenig Sonnenwärme speichern und die Temperaturunterschiede auf seiner Oberfläche sind daher enorm. In Äquatornähe erreichen die Temperaturen 20 °C am Tag und sinken in der Nacht auf -85°C. Die mittlere Planetentemperatur liegt bei rund -55 °C.
Im Rahmen von BIOMEX wurden Proben unterschiedlicher Organismen, wie Bakterien, Algen, Flechten und Pilze, auf einer Außenplattform der Internationalen Raumstation (ISS) insgesamt 533 Tage den Extrembedingungen des Weltraums, d. h., dem Vakuum, intensiver UV-Strahlung und extremen Temperaturunterschieden, ausgesetzt. Die Lebewesen waren 2016 vom ESA-Astronauten Tim Peake an Bord einer Sojus-Kapsel von der Raumstation zurück auf die Erde gebracht worden. Die einzelnen Proben wurden dann von Wissenschaftlern des BIOMEX-Projektes in 30 Forschungseinrichtungen in zwölf Ländern auf drei Kontinenten untersucht. Vom 27. bis zum 29. März 2019 stellt das DLR in Berlin auf einer wissenschaftlichen Konferenz den BIOMEX-Abschlussbericht mit den Ergebnissen vor. Bisher wurden 42 begutachtete Artikel in Fachmagazinen veröffentlicht. Das renommierte Journal „Astrobiology“ widmete BIOMEX im Februar 2019 eine Sonderausgabe (Vol. 19, Issue 2, 2019).
BIOMEX-Ergebnisse
Eines der wichtigsten Erkenntnisse von BIOMEX ist, dass einige Biomoleküle und Organismen den Extrembedingungen des Weltraums standhalten können.
„Einige der Organismen und Biomoleküle haben im offenen Weltraum eine enorme Strahlungsresistenz gezeigt und kehrten tatsächlich als ‚Überlebende‘ aus dem All zur Erde zurück“.
Jean-Pierre Paul de Vera vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof
Dem Astrobiologen Jean-Pierre Paul de Vera vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof oblag die wissenschaftliche Leitung von BIOMEX. „Wir haben unter anderem Archäen, also einzellige Mikroorganismen, wie es sie auf der Erde seit über dreieinhalb Milliarden Jahren im salzigen Meerwasser gibt, untersucht“, so der Wissenschaftler. „Unsere ‚Probanden‘ sind Verwandte, die aus dem Permafrost der Arktis isoliert wurden. Sie haben unter Weltraumbedingungen überlebt und sind zudem mit unseren Instrumenten detektierbar. Solche Einzeller wären Kandidaten für Lebensformen, die wir uns auch auf dem Mars vorstellen könnten“, erklärt der Wissenschaftler.
Obwohl diese Ergebnisse kein Beweis dafür sind, dass es auf dem Mars Leben gibt, so sind die Ergebnisse für die Wissenschafter ermutigend und eine starke Triebfeder, weitere astrobiologische Missionen zu forcieren, die diese Frage ein für alle Mal klären sollen. Gestärkt wird diese Motivation auch durch Messergebnisse von bisherigen Raumsondenmissionen in der Umlaufbahn des Mars und mobilen Labors auf der Marsoberfläche, denn sie zeigen, dass wichtige Voraussetzungen für Leben auch heute noch auf dem Mars vorhanden sind, nämlich eine (wenn auch dünne) Atmosphäre, Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel oder Phosphor und auch Wasser – zumindest in Form von Eis, aber auch unterirdisch in flüssiger Form. Doch Leben selbst oder dessen Stoffwechselprodukte registrierten die Detektoren der Marsforscher bisher noch nicht mit eindeutiger Sicherheit.
Neue Sensoren für die Detektion von Stoffwechselprodukten
Neben der Erkenntnis, dass irdische extremophile Organismen unter Weltraumbedingungen überleben können, wurden im Rahmen von BIOMEX auch neue Senoren für die Detektion von Stoffwechselprodukten von Organismen entwickelt. Mit diesen neuartigen Sensoren könnten die von Mikroorganismen, wie Archäen, gebildeten Stoffwechselprodukte oder Zellbestandteile auf zukünftiger Missionen auf der Marsoberfläche gemessen werden. Das Berliner DLR-Institut für Optische Sensorsysteme nutzt zusammen mit dem Institut für Planetenforschung zu diesem Zweck Detektionsmethoden zur Identifikation der oben genannten Materialien, die ohne Probenvorbereitung auskommen. Eine dieser Methoden ist die Raman-Spektroskopie.
„Mit der Raman-Spektroskopie können wir zerstörungs-und berührungsfrei Proben auf der Marsoberfläche von einem Rover aus untersuchen. Laserstrahlen, also energiereiches, gebündeltes Licht, regen Moleküle zu Schwingungen an. Unterschiedliche Moleküle haben dabei unterschiedliche Schwingungsmuster, die wie ein unverwechselbarer Fingerabdruck zur Identifikation von Molekülen und Kristallstrukturen verwendet werden können.“
Dr. Ute Böttger vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme
Definition von Biosignaturen
Die Ergebnisse von BIOMEX stellen nicht nur bei der Suche nach Leben auf dem Mars einen Fortschritt dar. Sie dienen auch der Definition von „Biosignaturen“ im All und erweitern die Basis für eine Datenbank, die als Grundlage für die Suche nach Leben in unserem Sonnensystem dienen wird. Zukünftige Missionen, wie die von der ESA für 2020 geplante ExoMars-Mission, werden maßgeblich von diesen Daten profitieren. Sie können eine wichtige Hilfe bei der Identifikation und Zuordnung von Signalen darstellen, die bei ExoMars 2020 beobachtet oder die mit Raumsonden von anderen Himmelskörpern gewonnen werden. Beispielsweise wurden auch in den Eisfontänen auf dem Saturnmond Enceladus Spuren von Methan nachgewiesen. Dort, wie auch unter den Eiskrusten der Jupitermonde Europa und Ganymed, sind vermutlich beträchtliche Mengen an Wasser vorhanden, in denen primitive, einzellige Organismen entstanden sein könnten.
Autor: Hubert Untersteiner (ÖWF)
- Tagged:Astrobiologie, BIOMEX, DLR, ESA, Mars
Veranstaltungen
Blog Kategorien
- AMADEE-15 (13)
- AMADEE-18 (14)
- AMADEE-20 (21)
- AMADEE-24 (8)
- Aouda Raumanzug-Simulator (71)
- Buchtipps (3)
- Expedition/Simulation (47)
- Flugprojekte (17)
- Forschung / Projekte (122)
- Gästeblogger (45)
- ÖWF Aktuell (481)
- ÖWF Intern (12)
- Phileas Rover (27)
- Podcast (1)
- Praktikum beim ÖWF (75)
- Presseaussendungen (124)
- Serenity Raumanzug-Simulator (3)
- Veranstaltungen (61)
- World Space Week (18)