2021
Wenn man Weltraum Forum hört, so kommen gleich Gedanken wie Mondlandungen, eindrucksvolle Raketenstarts, oder auch die aus den aktuellen News bekannte Landung des Mars-Rovers Perseverance in den Sinn. Was jedoch alles geschehen muss, bevor es zu derartigen Ereignissen kommt, wird vielfach unterschätzt. Mir wurde es im Zuge meiner Ausbildung in einem zehnwöchigen Praktikum ermöglicht, einzigartige Einblicke hinter diese Kulissen zu erhalten.
Einige meiner Eindrücke der ersten fünf Wochen darf ich euch in der Folge vorstellen. Davor kurz zu meiner Ausbildung. Ich studiere derzeit Produktion und Management an der Fachhochschule Oberösterreich, Campus Steyr und absolvierte zuvor die Höhere Technische Lehranstalt mit Schwerpunkt Wirtschaftsingenieurwesen und Logistik. Ich habe somit zwar ein breites Wissen in der Wirtschaft und der Technik, aber nur sehr geringe Kenntnisse im Bereich der Raumfahrt.
Es stellt sich daher die Frage: Was macht dieser junge Mann beim Österreichischen Weltraum Forum (ÖWF)? Die Antwort ist ganz einfach: hinter jeder erfolgreichen Mission, aber auch der Forschung und Entwicklung, steckt ein beträchtlicher Aufwand an Koordination und Organisation. Jede Mission muss bis in das kleinste Detail geplant und gemanagt werden, aber auch jedes noch so kleine Bauteil muss in der richtigen Menge, zeitgerecht, in der gewünschten Qualität am definierten Ort ankommen, um dort ordentlich getestet und verbaut zu werden. Genau bei diesen Aufgaben durfte ich, als Teil eines großartigen internationalen Teams, mitwirken.
LunAres Mission
Zu Beginn durfte ich gleich in die Aufgaben der Analog-Missionen des ÖWFs einsteigen. In Polen wird im Mai eine Analog-Mission, an der das ÖWF mit einem Analog-Astronauten teilnimmt, durchgeführt. Für diese Mission mussten somit interne Dokumente erstellt werden, welche sich mit dem Management von Experimenten, Medienaktivitäten, der Research Station selbst, möglichen Risiken, usw. auseinandersetzt. Ziel dabei war es, für sämtliche Beteiligte einen Überblick zu schaffen, was, wann, wo und wie geschehen wird. Mittels einem Memorandum of Understanding, welches in einem juristischen Format die Funktion erfüllt, die Aufgaben der Parteien für die Mission abzugrenzen und die Zusammenarbeit symbolisch zu untermauern wurde die Zusammenarbeit besiegelt.
AMADEE-20 Mission
Im Oktober 2021 wird die AMADEE-20 Mission in der Negev-Wüste in Israel stattfinden. Diese wird vom Mission Support Center (MSC) in Innsbruck koordiniert. Dafür werden Räumlichkeiten für einen definierten Zeitraum benötigt. Ich durfte in mehreren Entscheidungsstufen mit einem Team eine finale Entscheidung aufbereiten. Von den Besichtigungen und einer Protokollierung mehrerer Immobilien, über eine Kostenkalkulation und eine quantitative Bewertung sämtlicher Faktoren, wurden erste Entscheidungen getroffen. Im Anschluss wurden Nachverhandlungen mit gewählten Vermietern geführt, um besondere Extras zu bekommen, und zusätzlichen Nutzen, sowohl für den Vermieter als auch für das ÖWF zu generieren. Es ging also nicht nur darum, die kostengünstigste Immobilie zu identifizieren, sondern schlussendlich eine bestimmte Immobilie strategisch zu selektieren, welche die Ansprüche für das ÖWF optimal bedient, und den besten Nutzen für das Mission Support Center bringt.
ADLER-1 Cubesat
Außerdem wurde für das ADLER-1-Projekt, welches bereits seit einigen Monaten entwickelt wird, ein erster Prototyp gefertigt. Einige Logistikaufgaben, ganz besonders auf Seiten der Lieferanten, wurden mitunter von mir organisiert. Hier durfte ich außerdem erste Erfahrungen auf dem Gebiet der Technik des Weltalls, bei der Fertigung und Montage der Baugruppen, sammeln. Hier geht es nicht um ein einfaches Verschrauben mehrerer Teile, sondern um ein höchst reinliches und sehr fein aufgebautes Produkt, welches komplexe Ansprüche an die Assemblierung stellt, und somit für jeden Technik-Interessierten eine superspannende Erkenntnis ist. Anschließend war ich Mitwirkender bei der Verpackung und Organisation der Versandpapiere – wieder eine etwas andere Aufgabe – da es sich auch hier nicht um ein 08/15-Bauteil handelt, das eben zu einem Bekannten gesendet wird, sondern um ein hochkomplexes technisches Bauteil, welches für den Weltraum produziert wird.
Abgesehen von diesen drei Projekten, durfte ich noch weitere Aufgaben in den Bereichen technischer Einkauf, Literaturarbeit, Kommunikation mit internationalen Partnern und Mitgliedern des ÖWFs, und vieles mehr, erledigen.
Abwechslung ist bei einem Praktikum beim ÖWF also immer gegeben. Ich durfte sogar Bekanntschaft mit der Nationalratsabgeordneten Ing. Mag. Alexandra Tanda machen und einen Blick hinter die Kulissen des österreichischen Fernsehsenders Servus TV werfen.
Wenn ich diese ersten fünf Wochen meines Praktikums also kurz zusammenfassen müsste, so würde ich sagen, dass das Österreichische Weltraum Forum spannende, abwechslungsreiche und umsetzbare Aufgaben bietet, welche definitiv von langfristigem Nutzen für jeden bemühten und ambitionierten Praktikanten sein werden.
Autor: Josef Eilmsteiner
- Tagged:ADLER-1, AMADEE-20, Innsbruck, Praktikum beim ÖWF, spacesuitlab
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