2024
Überraschendes Ergebnis der Mars Analog Mission AMADEE-24
Im Rahmen der Mars Analog Mission AMADEE-24 des Österreichischen Weltraum Forums gewannen Wissenschaftler*innen überraschende Erkenntnisse über die Veränderung von Telomeren: Ihre Länge veränderte sich unter Stress bereits nach wenigen Tagen. Telomere sind die Schutzkappen an den Enden unserer Chromosomen und stehen in engem Zusammenhang mit dem biologischen Alter eines Menschen. Längere Telomere bedeuten längeres Leben der menschlichen Zellen und eine bessere Immunfunktion.
Astronaut*innen-Studien helfen Telomer-Veränderungen zu verstehen
Die zugrundeliegende Untersuchung wurde von Wissenschaftler*innen der Russian-Armenian University (RAU) and des Instituts für Molekularbiologie der Armenian National Academy of Sciences (IMB) durchgeführt. Sie berücksichtigten dabei frühere Studien an Astronaut*innen der Internationalen Raumstation (ISS), die Veränderungen der Telomerlänge aufgrund der Stressfaktoren der Raumfahrt wie Mikrogravitation, Strahlung und Isolation gezeigt hatten. Während des Raumfluges wurden die Telomere zwar länger, doch die Studien zeigten auch, dass sich die Telomer-Länge nach der Rückkehr der Astronaut*innen wieder veränderte. Da immer noch unklar ist, wie sich einzelne Stressfaktoren auf die Telomere auswirken, wollten die Wissenschaftler*innen zwei spezifische Faktoren untersuchen: Isolation und Außenbordeinsatz-ähnliche Aktivitäten (EVA).
Überraschendes Ergebnis
Die Proband*innen der Untersuchung waren die sechs Analog-Astronaut*innen, die vier Wochen in Armenien in Isolation verbrachten, um das Leben und Arbeiten auf dem Roten Planeten zu simulieren. Bei Ihrer Arbeit außerhalb des Habitats trugen sie den vom ÖWF entwickelten Raumanzug-Simulator. Zu mehreren Zeitpunkten sammelten sie Blutproben, die im Anschluss von den Expert*innen der RAU und IMB ausgewertet wurden. Zur Überraschung der Wissenschaftler*innen zeigte die Analyse, dass sich die Telomere der Analog-Astronaut*innen in den ersten Tagen der Isolation deutlich verkürzten, sich am Ende der Isolationsperiode jedoch wieder normalisierten.
Dieses Muster deutet darauf hin, dass die anfängliche Isolation zu einem vorübergehenden Rückgang der Immunaktivität führen kann, gefolgt von einer Erholung. Laut den Forschenden sollten Astronaut*innen in den ersten Tagen der Isolation daher besonders unterstützt werden, um ihre gute Gesundheit für die Dauer der Mission aufrechtzuerhalten. In dieser Phase sind stressreduzierende Maßnahmen- wie beispielsweise genügend Schlaf – besonders wichtig.
Dazu Teamleiter Dr. Arsen Arakelyan vom Institut für Biomedizin und Pharmazie der Russian-Armenian University: „Telomere verkürzen sich mit zunehmendem Alter allmählich, und diese Verkürzung ist mit Zellalterung und einer Abnahme der Immunfunktion verbunden. Unsere Forschung kann wertvolle Daten darüber liefern, wie sich langfristige Weltraummissionen auf die menschliche Gesundheit auswirken. Zudem unterstreichen unsere Erkenntnisse, dass sichere Weltraum-Missionen nur mit guter Kontrolle der Immungesundheit möglich sein werden.“
Gernot Grömer, Direktor des ÖWF, ergänzt: „Unsere Mars Analog Missionen sind genau für solche Experimente ausgelegt. Wir simulieren bestimmte Aspekte einer Weltraum-Mission wie Isolation, Technikabhängigkeit oder Arbeiten außerhalb des schützenden Raumschiffes oder Habitats. Bei Arbeiten außerhalb des Habitats tragen unsere speziell ausgebildeten Analog-Astronaut*innen den von uns entwickelten Raumanzug-Simulator. Dieser Anzug simuliert die Bedingungen in einem echten Druckanzug und versorgt uns live mit Vitaldaten. Bei unseren Missionen können Forschende ihre Experimente also unter Bedingungen durchführen, die bestimmte Aspekte von Weltraum-Missionen in einem professionellen Umfeld simulieren. Eine einzigarte Gelegenheit!“
Zusätzliche Arbeiten sowohl in Erd-Analog-Studien als auch im Weltraum, z.B. auf der Internationalen Raumstation (ISS), könnten mehr Licht auf die verschiedenen Mechanismen werfen, die die Zellstabilität steuern.
Über AMADEE-24
AMADEE-24 war eine Mars-Analogsimulation in Armenien, die vom Österreichischen Weltraum Forum in Kooperation mit der Armenian Aerospace Agency durchgeführt wurde. Die Expedition fand vom 5. März bis 5. April 2024 in einem terrestrischen Mars-Analogon statt und wurde vom Mission Support Center in Österreich geleitet. Eine kleine Crew hochqualifizierter Analog-Astronaut*innen mit Raumanzug-Simulatoren lebte isoliert in einem Habitat und führte Experimente durch, die von internationalen Wissenschaftlern zur Vorbereitung zukünftiger astronautischer Mars-Missionen bereitgestellt wurden. In Armenien wurden sie vom GOST (Ground Operations and Support Team) unterstützt, ohne direkt zu interagieren. Beteiligt waren 200 Wissenschaftler*innen aus 26 Ländern, deren Ausrüstung, Rover und Experimente für die Expedition ausgewählt worden waren.
Über das Österreichische Weltraum Forum
Das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) gehört im Bereich der Analogforschung weltweit zu den führenden Organisationen, die an der Vorbereitung astronautischer Erforschung anderer Planeten mitarbeiten. Das ÖWF ist federführend an zwei internationalen Cube-Sat Missionen beteiligt, die seit 2022 Weltraumschrott in der Erdumlaufbahn aufspüren. Expert*innen verschiedenster Disziplinen bilden innerhalb des ÖWFs die Basis für diese Arbeit. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen, Industrie und Unternehmen unterschiedlicher Branchen wird hier Forschung auf höchstem Niveau betrieben. Dabei nutzt das ÖWF seine ausgezeichneten Kontakte zu Meinungsbildner*innen, Politik und Medien, um österreichische Spitzenforschung und Technologie international voranzutreiben und bekanntzumachen. Das Österreichische Weltraum Forum ist zudem einer der wichtigsten Bildungsträger in Österreich, wenn es um Raumfahrt und darum geht, junge Menschen für Wissenschaft und Technik zu begeistern sowie ihnen einen Zugang zu dieser Branche zu ermöglichen. Neben der Betreuung von universitären Arbeiten bietet das ÖWF auch immer wieder Studierenden und Schüler*innen die Möglichkeit, im Rahmen von Praktika ihr Wissen zu erweitern.
Medienkontakt:
Mag. Monika Fischer
ÖWF Media Team Lead
Tel: +43 699 1213 4610
Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Englisch
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