2019
Das alte Jahr neigt sich dem Ende zu und das neue Jahr 2020 steht vor der Tür. Für die Marsforschung wird es ein spannendes Jahr, denn es sind vier Marsmissionen geplant. Grund genug für uns, einen Artikel über diese geplanten Missionen zu schreiben.
Geplante Missionen und Zeitfenster
Vier Forschungseinrichtungen arbeiten weltweit mit großem Engagement an den voneinander unabhängigen Marsmissionen, die für das Jahr 2020 geplant sind. Im Juli und August sollen deren Sonden und Rover ihre Reise zum Mars beginnen, denn dann ist das Zeitfenster für die Reise zum Mars ein besonders günstiges, da Mars und Erde in einem vorteilhaften Abstand zueinanderstehen. In diesem günstigen Zeitfenster, das etwa 4 bis 6 Wochen gegeben sein wird, dauert eine Reise zum Mars zwischen 6 – 10 Monaten. Wenn die Wissenschaftler dieses Zeitfenster verpassen, müssen sie 26 Monate warten, bis Mars und Erde wieder so günstig zueinanderstehen oder eine viel längere und damit teurere Reise in Kauf nehmen.
Folgende Marsmissionen sind für 2020 geplant:
- ExoMars-Mission der europäischen Raumfahrtagentur ESA in Kooperation mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. Der Rover „Rosalind Franklin“ wird im Rahmen dieser Mission zum roten Planeten fliegen.
- Mars 2020-Rover der US-Raumfahrtagentur NASA. Der Mars 2020-Rover ist derzeit noch unbenannt.
- Marsmission der chinesischen Raumfahrtagentur CNSA mit der Sonde „Yinghuo-2“
- Marsmission der Raumfahrtorganisation der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)
ExoMars-Mission der ESA und Roskosmos
Die europäische Raumfahrtagentur ESA führt gemeinsam mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos die bereits 2016 begonnene ExoMars-Mission durch. Bereits 2016 wurde im Rahmen dieser Mission der „Trace Gas Orbiter“ (TGO) in eine Mars-Umlaufbahn gebracht. Gemeinsam mit dem TGO wurde auch ein Mars-Lander namens Schiaparelli mitgeschickt, der als „Demonstrationsmodul für den Atmosphäreneintritt, Abstieg und die Landung“ (englisch „Entry, descent and landing Demonstrator Module“, kurz EDM) entworfen wurde. Am 19. Oktober 2016 sollten mit diesem Lander alle Technologien für künftige Marslandungen erprobt werden. Leider schlug die Landung des Test-Rovers „Schiaparelli“ fehl. Im Rahmen der ExoMars-Mission soll so ein Fehlschlag besser nicht wieder passieren, denn der Verlust des wertvollen ExoMars-Rovers wäre sehr schmerzhaft. Planmäßig soll am 25. Juli 2020 der Marsrover namens „Rosalind Franklin“ von einer russischen Proton-Rakete zum Mars befördert werden. Die Mission, die auf mindestens sieben Monate ausgelegt ist, besteht aus dem russischen Landemodul „Kazachok“ und dem ESA-Rover „Rosalind Franklin“. Nach der Landung auf dem Mars, die planmäßig im März 2021 stattfinden soll, wird der Rover seine Forschungsaktivitäten am Mars starten. Im Fokus steht dabei die astrobiologische Forschung, denn der Rover wird die Marsoberfläche nach Anzeichen auf ehemalige oder aktuelle biologische Aktivitäten hin untersuchen und Bohrungen vornehmen, um die Bohrkerne dann mit verschiedenen Instrumenten zu analysieren. Für die Kommunikation mit der der Erde fungiert der TGO als Relaisstation.
Wissenschaftliche Instrumente des Rovers
Der ExoMars-Rover wird insgesamt 9 wissenschatliche Instrumente mit sich führen, um seine Missionsziele durchführen zu können.
- PanCam (The Panoramic Camera), eine Panoramakamera.
- ISEM (Infrared Spectrometer for ExoMars), ein Infrarotspektrometer, um die mineralische Zusammensetzung des Bodens zu analysieren und um zusammen mit PanCam Proben für die genauere Untersuchung durch andere Instrumente auszuwählen.
- CLUPI (Close-Up Imager), eine Kamera für Makroaufnahmen, die vorne an der Bohrvorrichtung angebracht ist.
- WISDOM (Water Ice and Subsurface Deposit Observation On Mars), ein Bodenradar, um die Stratigraphie unterhalb des Rovers zu erforschen.
- Adron, ein Instrument, um Wasser und Hydrate im Marsboden zu finden. Zusammen mit WISDOM soll Adron geeignete Stellen für die Entnahme von Bohrproben finden.
- Ma_MISS (Mars Multispectral Imager for Subsurface Studies), ein Multispektralanalysegerät, das sich innerhalb des Bohrers befindet.
- MicrOmega, ein Spektrometer für mineralogische Untersuchungen.
- RLS (Raman Spectrometer), ein Spektrometer, um die mineralische Zusammensetzung der Proben zu untersuchen und um Pigmente organischen Ursprungs zu finden.
- MOMA (Mars Organic Molecule Analyser), ein Gerät, um Biomarker zu finden.
Es könnte sein, dass die ExoMars-Mission, die ursprünglich schon 2018 starten hätte sollen, ein weiteres Mal auf das Jahr 2022 verschoben werden muss. Bei den Tests mit den Fallschirmen, die die Landung des Rovers abbremsen sollen, kam es nämlich immer wieder zu Problemen. Wenn die Missionswissenschaftler diese Probleme nicht zeitgerecht in den Griff bekommen, ist eine Verschiebung der Mission möglich. Man will vermeiden, dass man den teuren ExoMars-Rover bei einem missglückten Landemanöver verliert.
Mars 2020-Mission der NASA
Mars 2020 ist eine Mars-Rover-Mission, die im Zeitraum vom 17. Juli bis zum 5. August 2020 gegen 15 bis 17 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MESZ) gestartet werden soll. Sie ist Teil des „Mars Exploration Program“ der NASA. Der Rover soll unter anderem die frühere Bewohnbarkeit des Planeten ergründen, aber auch den Boden im Hinblick auf geologische Prozesse und die geologische Geschichte des Planeten genauer untersuchen. Außerdem soll sich die Mission mit der Wahrscheinlichkeit von Leben auf dem Mars befassen. Der Rover soll von einer 58 m hohen Atlas V-541 Rakete, also mit der ersten Stufe der Atlas V, 4 Feststoff-Boostern und der Centaur als zweiter Stufe von Cape Canaveral Air Force Station, Florida zum Mars gebracht werden.
Missionsziel
Wie bei der ExoMars-Mission der ESA liegt auch hier der Fokus auf dem astobiologischen Aspekt, denn es soll herausgefunden werden, ob der Mars einst Leben beherbergen konnte oder noch rezentes Leben beherbergt. Außerdem will die NASA herausfinden, ob es in erreichbarem geologischem Material konservierte Biosignaturen gibt. Der Rover soll Proben entnehmen, die bei einer möglichen künftigen Mission zur Erde zurückgebracht werden sollen.
Landung
Die Landemanöver sind bei Marsmissionen immer die heikelsten Phasen, die über Erfolg oder Misserfolg einer Mission entscheiden. Hier hat die NASA die meiste Erfahrung und Erfolge vorzuweisen. Mit „Viking 1“ gelang der US-Raumfahrtagentur bereits 1976 die erste weiche Landung auf dem Mars – es sollten viele weitere Missionen folgen. Zu den bekanntesten zählen „Pathfinder“ und „Sojourner“, die Zwillingsrover „Spirit“ und „Opportunity“ und natürlich „Curiosity“, der einzige NASA-Rover, der derzeit noch auf dem Mars aktiv ist. Zuletzt ist der Lander „InSight“ dazugekommen, der Ende 2018 auf dem Mars gelandet ist.
Als geplanter Landeplatz für den Mars 2020-Rover wurde am 19. November 2018 der Jezero-Krater angekündigt, welcher in dem Syrtis Major Planitia liegt. Es handelt sich um ein ehemaliges, 3,5 Milliarden Jahre altes Flussdelta in diesem Krater.
Wissenschaftliche Instrumente des Mars 2020-Rovers
Der Mars 2020-Rover ist mit sieben wissenschaftliche Instrumenten ausgestattet, um seine Missionsziele zu erfüllen:
- Mastcam-Z ist eine panoramisches und stereoskopisches Kamerasystem, mit der Fähigkeit zu Vergrößern. Das Instrument wird außerdem die Minerale auf der Oberfläche des Mars bestimmen und bei der Navigation helfen. Das Instrument wurde von der Gruppe um James Bell von der Arizona State University in Tempe entwickelt.
- SuperCam ist ein Instrument, das fotografieren, chemische Analyse und mineralische Analyse machen kann. Dem Instrument wird es außerdem möglich sein, organische Verbindungen in Steinen und Regolith aus der Ferne zu entdecken. Hauptsächlich wurde das Instrument von einem Team um Roger Wiens vom Los Alamos National Laboratory, Los Alamos, New Mexico entwickelt, hat aber auch Beitragsleistungen aus dem Centre National d’Etudes Spatiales, Institut de Recherche en Astrophysique et Plane’tologie (CNES/IRAP), France.
- Planetary Instrument for X-ray Lithochemistry (PIXL), ein Röntgenstrahlen Fluoreszenzspektroskopie-Verfahren, das auch mit einer hochauflösenden Kamera ausgestattet ist, die die elementare Zusammensetzung der Marsoberfläche bestimmen soll. PIXL wurde von dem Team um Abigail Allwood vom NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena, Kalifornien, entwickelt.
- Scanning Habitable Environments with Raman & Luminescence for Organics and Chemicals (SHERLOC) ist ein Spektrometer, das mit ultra-violett Lasern die genaue Mineralogie, und organische Verbindungen bestimmt. SHERLOC wird das erste ultra-violett Raman Spektrometer sein, das zum Mars fliegt. Es wurde von dem Team um Luther Beegle vom NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena, Kalifornien, entwickelt.
- The Mars Oxygen ISRU Experiment (MOXIE) ist eine Erkundungs-Technologie Erforschung, die das in der Atmosphäre vorhandene Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff verwandelt. MOXIE wurde von dem Team um Michael Hecht vom Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts, entworfen.
- Mars Environmental Dynamics Analyzer (MEDA) sind eine Reihe von Sensoren, die die Temperatur, Windgeschwindigkeit, Luftdruck, relative Feuchtigkeit, Staubkorngröße und Form messen. Diese Instrumente wurden von einem Team um Jose Rodriguez-Manfredi vom Centro de Astrobiologia, Instituto Nacional de Tecnica Aeroespacial, Spanien, entworfen.
- The Radar Imager for Mars‘ Subsurface Exploration (RIMFAX), ein bodendurchdringender Radar, das eine Auflösung im Zentimeterbereich hat, um die geologische Struktur des Untergrunds zu erforschen. Ein Team um Svein-Erik Hamran vom the Norwegian Defence Research Establishment, Norwegen, hat das Instrument entworfen.
Mars-Helikopter
Der „Mars 2020“-Rover wird außerdem einen kleinen Helikopter auf die Oberfläche bringen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Technologiedemonstration. Der Helikopter ist unter dem „Bauch“ des Rovers befestigt und soll erst einmal nur demonstrieren, dass ein autonomer, kontrollierter Flug in der sehr dünnen Mars-Atmosphäre möglich ist. Sollte das gelingen, dürften in Zukunft auch Fluggeräte zum Mars gebracht werden.
Yinghuo-2: Chinas erste Marsmission
Während die NASA und die ESA bereits Erfahrung mit Marsmissionen haben, betritt China hier raumfahrttechnisches Neuland. China ist allerdings sehr engagiert, zu den führenden Raumfahrtnationen aufzuschließen. Anfang 2019 gelang China die erfolgreiche Landung des Raumfahrzeuges „Chang’e 4“ auf der Rückseite des Mondes und hat damit bewiesen, dass es eine ernstzunehmende Raumfahrtnation ist. Bereits zuvor hatte China ein Landemodul und einen Rover auf der der Erde zugewandten Seite des Mondes abgesetzt und gilt damit als drittes Land, das das jemals getan hat.
Mit einer Rakete vom Typ „Langer Marsch 5“ soll die Sonde „Yinghuo-2“ („Leuchtkäfer 2“) im Juli oder August 2020 zum Mars aufbrechen. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Mars-Orbiter, -Lander und -Rover, die vor allem dazu dient, Technologien zu erproben. Da die chinesische Raumfahrt bisher nur den Mond besucht hat, sind die Ziele der Mission sehr grundlegend: den Abstieg durch die Mars-Atmosphäre schaffen und die schwierige Landung auf dem roten Planeten meistern. Außerdem gehört die Herausforderung dazu, dass Rover und Lander weitgehend autonom agieren müssen. Gelingt die Landung, soll „Yinghuo-2“ die Topografie und die geologische Zusammensetzung des Mars erforschen und hochauflösende Karten von ausgewählten Gebieten erstellen. Außerdem ist geplant, das Marsgestein zu untersuchen und herauszufinden, wie Wassereis darin verteilt ist. Auch grundlegende Messungen zählen zu den Aufgaben der Mission: Ionosphäre, Weltraumwetter und das Oberflächenwetter des Mars sollen beobachtet werden. Die innere Struktur ist ebenfalls von Interesse: Die Mission soll das Magnetfeld und das Schwerefeld des Mars messen und seine geologische Frühgeschichte erkunden. Dazu haben Orbiter und Rover zahlreiche wissenschaftliche Instrumente an Bord.
Marsmission der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)
Die VAE wollen im Rahmen ihrer Marsmission die Raumsonde „al-Amal“ („Hope“) zum roten Planeten schicken. Die Raumsonde soll mit einer japanischen Trägerrakete ins All befördert werden. Gelingt das, wäre „Hope“ die erste Mars-Mission eines westasiatischen Landes. Der Name der Mission wurde ausgewählt, weil er „eine Nachricht des Optimismus an Millionen junge Araber schickt“, sagte Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktum, der Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister der VAE bei der Vorstellung des Namens.
Die Sonde „Hope“ soll den Mars 2021 erreichen – pünktlich zum 50. Jahrestag der Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate. An der Mission ist ein Team emiratischer Ingenieure gemeinsam mit ausländischen Forschungsinstituten beteiligt. Die Aufgabe, die die Mars-Sonde erfüllen soll, sind verhältnismäßig einfach: Sie soll das tägliche Klima und saisonale Klimazyklen auf dem Mars untersuchen, genau wie Wetterereignisse in der niedrigen Mars-Atmosphäre. Außerdem soll „Hope“ erforschen, wie der Mars einen Großteil seiner Atmosphäre verloren hat.
Ausblick
Die Jahre 2020 und 2021 werden spannende Jahre für die Raumfahrt. Wenn alles planmäßig verläuft, erreichen die vier Missionen im Frühjahr 2021 den Mars und beginnen mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Die Daten, die dabei gewonnen werden, werden unser Wissen über den roten Planeten enorm erweitern. Und möglicherweise werden die dabei gewonnenen astrobiologischen Daten bereits in den 2020er-Jahren einen Paradigmenwechsel über unsere Vorstellung vom Leben im Universum einleiten. Wir dürfen gespannt sein.
Autor: Dr. Hubert Untersteiner (ÖWF)
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